Mittwoch, 9. November 2011

KRS-One - "Who Are The Pimps?" (1992) - Analyse & Kritik.



OK ich hab gestern & heute mal wieder ein paar in Vergessenheit geratene Hip Hop Alben gehört, darunter McGruff's Debutalbum "Destined To Be", Salt 'n' Pepa's 2. Album "Blacks Magic", und, wie für diesen Artikel wichtig: Boogie Down Production's "Sex & Violence"-Album aus dem Jahre 1992.

Abgesehen von der Tatsache, dass dieses Album absolut göttlich ist, und meiner Meinung nach den Zenit von KRS' Rapkarriere & Können darstellt, ist mir ein Track besonders aufgefallen, und zwar "Who Are The Pimps?".
Hier für euch mal der Track, damit ihr auf meinem Stand seid und das Weiterlesen überhaupt Sinn macht:



Jo.
Ich hörte mir den Track an, und dachte zunächst, dass der Track auch sehr gut in meine "Antikapitalistischen" Top5 passen würde...und dachte schon darüber nach, welchen Track ich aus der Liste kicken würde...
...als mir die inhaltliche Widersprüchlichkeit und Inkonsistenz klar wurde.
Daran ist per sé noch nichts ungewöhnliches, ist doch KRS-One sowas wie der Meister des Widerspruchs in Sachen textlicher Inhalt, doch - und das ist der Grund, warum ich mich hier so ausgiebig damit beschäftigen will - handelt es sich um ein allgemeines und modernes Verständnisproblem im Zusammenhang mit dem Begriff "Kapitalismuskritik". Dieses Verständnisproblem und die damit einhergehende fehlerhafte Argumentation will ich im folgenden anhand des Tracks erklären.




Also:
Gleich in der ersten Strophe erzählt uns KRS davon, dass Kapitalismus das System der "Pimps and Hoes" ist, dass der Mensch innerhalb dieses Systems immer nur Sklave sein kann: "[...]in this particular system everyone is a slave[...]"
Darüber hinaus stellt er - gar nicht mal blöd - fest, dass das System "Kapitalismus" keine Hautfarben kennt, sprich dass alle vor dem Kapitalismus gleich sind: "[...]White Johnny be fightin' black Michael/ both are blind to the system's sick cycle/ in a circle psychotically they slay each other with a grin/ because of a colour of a skin//" und "[...]Capitalism says we're all in slavery - they're not lookin at a colour of a brother[...]"


Wir lernen: Der Kapitalismus macht also keine Unterschiede, und "frei" kann sich im Grunde innerhalb des Systems kein Mensch nennen. Soweit so richtig.

Das Problem, welches der gute Blastmaster jedoch noch nicht ganz sieht, ist:
Er ist nicht konsequent in seiner ansonsten recht netten Systemkritik.

Im letzten Part des Tracks, sowie auch ganz zu Anfang, tritt die wahre Natur seiner "Kritik" zum Vorschein, nämlich:
"they look you straight into your face/ - and tell you that your money's going to a good place// Like social security or welfare/ - But if you go to the Bahamas you'll see them all there//"





Tja, das is wieder dieser wunde Punkt...: Erst redet der Blastmasta vollmundig von System-Kritik...nur um im Anschluss einzuknicken, und einen bestimmten Personenkreis für all die Übel verantwortlich zu machen.

Der Versuch, augenscheinliche "Ungerechtigkeit" zunächst an ein System zu knüpfen, um schließlich doch wieder nach einzelnen Individuen oder Gruppen von Individuen zu Suchen, welche wiederrum für die Zustände verantwortlich sein sollen, ist generell ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen; der Teacha macht aber noch einen weiteren gravierenden Fehler in seiner Argumentation, der eng mit diesem Punkt verflochten ist:
Der Kapitalismus widerspricht nicht einem Ungleichgewicht in der "Verteilung" . Dieses ist - ganz im Gegenteil - völlig natürlicher Bestandteil des kapitalistischen Systems.
Wenn KRS sich also beschwert: "[...]You work all week, and now your money has to go to a pimp/ and it's you that limp// - they cut your check and take a tenth/", dann verpufft seine übrige System-Kritik leider, denn derartige Symptome sind eben nicht der "Fehler" des Kapitalismus, oder markieren das "Scheitern" dieses Systems, nein: Diese Symptome belegen vielmehr die völlig reibungslose Funktionsweise dieses Systems, und sind deshalb kaum als Argument zu gebrauchen.
Um es noch drastischer (oder besser verständlich?) zu formulieren: Gut, KRS möchte nicht, dass Steuereintreiber und Staatsdiener (oder was auch immer er sonst noch für fiese Typen er für den "Kapitalismus" verantwortlich macht...) auf den Bahamas chillen, während er und seine Leute sich halbtot arbeiten und nix verdienen. Ergo: Er würde gerne selber gut verdienen, auf den Bahamas chillen oder whateva - nicht nur immer die anderen, ey!

Tja. Das kann aber nicht Grundlage einer Kapitalismuskritik sein, sondern offenbart lediglich einen spezifischen Gerechtigkeitsbegriff und eine Empörung darüber, dass diese Zustände nicht existieren.
Wer auf derartige "Argumente" zurückgreift, legitimiert damit die grundsätzlichen Mechanismen des Systems, indem er Symptome und Erscheinungen hervorhebt, welche der Funktionsweise des Systems in keinster Weise entgegen stehen.
Gekoppelt mit der oben genannten, auch hierzulande gerne gewählten "die da oben"-Sichtweise lassens KRS' weitere, eigentlich recht wertvolle Beobachtungen von "ernstgemeinter Kritik" zur reinen Rethorik schrumpfen.



Man möge mich an dieser Stelle bitte nicht falsch verstehen: Ich halte KRS für einen sehr guten Rapper, heck, ich halte ihn sogar für einen ziemlich intelligenten Burschen - und den Track ebenso für einen sehr, sehr guten und interessanten Rap-Track.
Dennoch scheint es mir wichtig, diese so oft misverstandenen Aspekte einer Kritik am Kapitalismus nochmal zu beleuchten, und diese auch als offenbares Problem/Blockade bei Rappern darzulegen:
Wie viele Rapper hört man sagen, dass dieses schlimme, schlimme System, in dem sich alles nur um Geld dreht, "voll fies und ungerecht" is?
Da stellt sich immer die Frage: Wäre es also ein okayes System, wenn es - deinem Verständnis nach - "gerecht" wäre!? ...Eben.
Nochmal: Ungerechtigkeit ist kein Argument gegen ein kapitalistisches System.

Und in diesem Zusammenhang kann ich auch nochmal die Gelegenheit nutzen, und meine damalige Wahl von OC's "Time's Up" in die Antikapitalistischen Top5 verteidigen:
Ich machte die Wahl an der Zeile "I'd rather be broke and have a lot of respect" fest, und, wenn man es objektiv betrachtet, muss man feststellen: In Sachen "zulässige/richtige Argumentation" trifft OC mit diesem kurzen Satz den Nagel eigentlich besser auf den Kopf als KRS in seinem "Who Are The Pimps?"-Track, denn ihm unterläuft kein Kontinuitätsfehler oder ähnliches. Er sagt lediglich, dass für ihn höhere Werte als das Kapital existieren, und offenbart damit zwar auch lediglich eine bestimmte Wertvorstellung, die mir aber in sich geschlossener und konsequenter erscheint, als des Blastmastas "Kapitalismuskritik".
nahmeen?!



So. Also wem es bisher noch nich klar war.."Sex & Violence" ist ein großartiges Album, hm, wie sagt man so schön? "all killer, no filler" oder so...Naja wie auch immer, auf jeden Fall werde ich in den kommenden Tagen mal eine dezidierte Review zu dem Album verfassen, bei der ich dann zumindest diesen Track ja schonmal ausklammern kann, hehe.

puh. so, nun is aber auch gut...genug geschrieben für heute - peace freunde.
Ahja wenn euch irgendwas an meinem Geschreibsel nich passt (was ja diesmal durchaus sein kann...könnte ich mir zumindest vorstellen...), zögert nicht! ZackZack, unten die Kommentar-Funktion genutzt und ab dafür.

chill, smooth.

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