Freitag, 9. September 2011

Im Hiphop-Game mit Würde altern? pt.1

Ok, Freunde, mir is grad danach, mich einem Thema zu widmen, welches mich in jüngster Vergangenheit in diversen Diskussionen beschäftigt und interessiert hat:
Warum scheint es eine derart unmögliche Aufgabe für viele Produzenten, DJs und Rapper zu sein, mit steigendem Alter im Hiphop-Game zu bleiben und dabei nicht permanent an Qualität einzubüßen und nicht schlussendlich Relevanz zu verlieren?
Anlass zu diesem - zugegeben - weitläufigen Thema gibt die in den letzten Jahren nicht abreißende Veröffentlichungswelle von sog. "Legenden" des Hiphop, oft sogar in phänomenal-spektakulären Kollaborationen. Diese Veröffentlichungen finden dabei auf verschiedensten Leveln der Öffentlichkeitswirksamkeit statt: ob auf Majorlabels, Indies, "digital releases"...auf allen Ebenen versuchen sich Hiphop-Helden von einst im aktuellen Musikgeschehen mit Alben, Projekten oder einfach neuen Tracks zu positionieren.
Nun zähle ich zu dieser neuerlichen Welle an Hiphop-Pionier-Alben Werke wie: KRS-One & Showbiz - "Godsville", Smif-n-Wessun & Pete Rock - "Monumental", Rakim - "The 7th seal", Buckshot & KRS-One - "Survival Skills"....mit minimalen Abstrichen aber auch: Showbiz & AG - "Live Hard", Sadat X - "Wild Cowboys II",  oder auch Heltah Skeltah - "D.I.R.T." und Kool G Rap - "Riches, Royalty, Respect".
Diese Auswahl ist allerdings bei weitem nicht als vollständig zu verstehen - sondern mehr als grober Rahmen.
Nun....was habe ich also für ein Problem mit diesen u.ä. Alben?
Unschwer zu erraten: Sie langweilen mich.
Keines der Alben würde ich auch nur ein weiteres Mal freiwillig anhören, denn alle haben die eine traurige Eigenschaft gemeinsam: Sie sind völlig uninteressant. Musikalisch & inhaltlich.
Kein Sampleeinsatz, der mich gespannt zuhören lassen würde...keine textlichen Finessen, die mich zum schmunzeln oder nachdenken bringen würden.....nichts.
Uninspiriert, uninteressant, inaktuell, irrelvant.
Diese Attribute treffen - so finde ich zumindest - auf alle derartigen Veröffentlichungen von ehemaligen "Rapgöttern" zu. Soweit so gut, soweit so verständlich.
Nun zu den unvermeidlichen Erklärungsversuchen:
Zunächst muss einem bewusst werden, dass die angesprochenen Rap-Größen ihren Karriere-Zenit fast ausnahmslos in den 90ern hatten...ein im Hiphop geradezu mythisch aufgeblasener und verherrlichter Zeitabschnitt, spricht man doch heute von den 90ern in sämtlichen backpacker- und anderen hiphop-affinen Kreisen  nur noch als die "Golden era" etc. pp. . Was unterm Strich von den 90er Jahren in Bezug auf Hiphop bleibt - zieht man die ganzen nebulösen, überinterpretierten und nachträglich angedichteten Aspekte ab - ist ein rundes, in sich geschlossenes Soundkonzept. Man war sich sicher, die Formel, ja, die Definition für Hiphopmusik gefunden zu haben. "Hiphop-Musik", das waren harte, knochentrockene "Boom-Bap"-beats, angereichert durch ausgewählte samples. Nach den Experimenten und progressiven Vorstößen (no homo) der 80er Jahre hatte sich Hiphop "gefunden", und dem Namen konnte ein spezifisches musikalisches Konzept zugeordnet werden, und umgekehrt.
 
Schön und gut, nur was hat das mit unserem Thema zu tun? Nicht ganz leicht zu erklären, aber ich versuch's:




Die Tatsache, dass in den 90ern Hiphopmusik einer, wenngleich ziemlich flexiblen, "Formel" folgte, verbunden mit dem Fakt, dass dieser Zeitabschnitt heute - vor allem über das Internet - als die meist zurückgesehnte Zeit propagiert wird (die 90er-Hiphopmusik ist quasi der heilige Gral, der heute von Hörern weltweit zurück gewünscht wird), lässt einen verwundert zurück, wenn wieder einmal eine Hiphop-Legende von damals vollmundig ein Comeback-Album ankündigt, welches dann dieser simplen Formel des 90er-Hiphops nicht folgt, und komplett enttäuscht. Kann man das so verstehen? Ich versuch's nochmal mit nem Beispiel, um's greifbarer zu machen:
KRS und Showbiz sind in den 90ern ein unschlagbares Tagteam aus MC&Producer gewesen; "Sound Of the police", oder auch später "A Friend" sind Meilensteine gewesen, die Hiphop Hörer bis heute faszinieren.
Wenn die selben beiden Typen also 2011 ein gemeinsames Album (!!) ankündigen, sollte der geneigte Hörer im Grunde extreeeem dankbar sein: Ein komplettes Album voll mit Hiphopklassikern ist das mindeste, was man von dieser Dream-Combo erwarten könnte.
Nun erscheint dieses sureshot-Meisterwerk.....(...).....und es hört sich eher SO an.
Sound of the police? A Friend? Represent the real Hiphop? ....not so much.
Washed-up? langweilig? uninspiriert? ...hell yeah!

Versteht mich bitte nicht falsch...: Ich bin der letzte, der fanboy-mässig tatsächlich an dieses Album geglaubt hat, und nun hart enttäuscht wurde. Nee, nee...solche Sachen lernt man irgendwann zu akzeptieren oder man gibt die Hoffnung einfach schon lange vor dem release auf.
Nur, denke ich, muss man sich dennoch die Frage stellen: Warum ist das so? Warum gehe ich schon vor dem Anhören eines solchen Albums davon aus, dass es nix wird? (und behalte auch noch recht!??!)

Aber wieder zurück zum Thema, den Erklärungsansätzen:
Die Aussagen, die ich zum sound der 90er Jahre machte, müssen auch den Rap-Größen klar sein. Einem KRS oder einem G Rap muss, zumal sie - nicht zuletzt durch das Internet - ständig damit konfrontiert werden, klar sein, welche "Formel" damals den Erfolg ausmachte, welche Art von Beats, welche Inhalte in den Texten, usw. Dass sie sich darüber im klaren sind, was die die-hard-fans von ihnen haben wollen, sieht man schließlich nicht zuletzt daran, dass Kollabo-Alben zwischen "Rap-Legenden" so in Mode sind. Smif-N-Wessun & Pete Rock, KRS und Buckshot und und und....diese Kombinationen sind Anzeichen dafür, dass die gealterten Veteranen schon ziemlich genau bescheid wissen über die Wünsche und Bedürfnisse ihrer treuen Fans, und, noch viel wichtiger: dass sie diese Wünsche und Bedürfnisse im Grunde befriedigen wollen.
Es kann also an diesem Punkt nicht die Rede sein von "...musikalisch weiterentwickelt..." oder "...hat sich halt in eine andere Richtung entwickelt..." und ähnlichen typischen Floskeln, die in so einem Zusammenhang gerne fallen. Denn: Diese Projekte treten als reinrassige "Retro"-Projekte an. Der Zweck dieser Kollabo- und "Comeback"-Alben ist schließlich, die Fans von damals dort abzuholen, wo sie stehen.

An diesem Punkt der Erkenntnis gibt es also 2 mögliche Erklärungen für die trotz der entsprechenden Intention durch und durch enttäuschenden Alben:
1.) Die Künstler wissen selbst nicht, welche "Formel" ihnen damals den Erfolg beschert hat, von dem sie noch heute zehren.
2.) Die Künstler wissen, welche "Formel" ihnen damals den Erfolg beschert hat, entscheiden sich jedoch bewusst gegen diese.

...beide Möglichkeiten werfen weitere, tiefergehende Fragen auf, auf die ich dann im nächsten Teil dieser Spezial-Kolumne eingehen werde.

Peace, Frieden und tschöööÖöösss. bis demnächst!

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