Samstag, 21. Juli 2012

Backpacker's Delight # 1

yeaaahhhhh-h-h-h.....willkommen in meiner brandneuen, vorerst wohl unregelmäßig erscheinenden Rubrik "Backpacker's Delight".


Was sich hinter dem klangvollen Titel verbirgt, ist eine Artikelreihe, in welcher ich, Ike Da Strike, mich jeweils einigen mehr-oder-weniger "Backpacker-Classics" widmen werde, um diese speziell auf ihre Backpack-Tauglichkeit und natürlich auch das allgemeine Hörvergnügen zu testen.



Die Frage, die sich jetzt vielleicht der ein oder andere stellt, könnte in etwa lauten: "Häh? Warum reviewst du die hier besprochenen Platten nicht einfach regulär, so wie wir es von Dir gewohnt sind, ike?"

Einfach:
Für zertifizierte Rucksack-Releases können die gängigen Kategorien, mit denen man üblicherweise hantiert um ein musikalisches Werk zu bewerten/einzuordnen, nicht gelten.
Dieses Problem ergibt sich aus der expliziten Distanzierung vom aktuellen Rapgeschehen und damit von geltenden Trends und Entwicklungen.

Um den Unterschied zu den üblichen Ike D.S. Reviews stark zu machen werde ich zunächst immer gleich mehrere Backpack-Classics in einem Artikel reviewen, um erstens weiterhin klar zu stellen, dass von derartigen Werken ne ganze Menge existieren...und zweitens um aufzuzeigen, dass sich eine dezidierte Review für waschechte Backpacker-Alben im Grunde nicht lohnt, weil häufig sehr ähnliche musikalische Ansätze und Inhalte präsentiert werden.

Aber vorsicht! Nicht dass ihr das falsch versteht: Ich mag Backpacker-Kram. Ehrlich. Die meisten der hier besprochenen Alben habe ich tatsächlich im Plattenregal stehen [nagut, nicht dass das notwendigerweise eine Adelung darstellt - habe ich doch auch sowas wie, äh, das hier oder das hier in besagtem Regal stehen...- Anm. D. Red.]. Und so verhält es sich auch bei den in diesem Artikel präsentierten Alben.
Und das ist auch der eigentliche wirkliche Sinn dieser neuen Rubrik:

Dass geneigte HipHop-Nerds möglicherweise an bestimmte Alben erinnert werden, die man früher (unter Umständen) gefeiert hat - und die aus heutiger Sicht einfach mal einen imaginären aber nichtsdestotrotz unübersehbaren "hängengeblieben-" oder "non-progressiv"-Stempel auf dem Cover tragen.
Und ich selbst spiele dabei quasi die Rolle einer Filter-Instanz, die euch möglichst verlässlich herausarbeitet, welche der hier aufgeführten Alben tatsächlich auch heute noch gespielt/angehört werden können, und über welche lieber leise still und heimlich der stets hilfreiche Mantel des Vergessens ausgebreitet werden sollte.
Soweit klar, peepz?



Alles klar, ihr Maden...dann geht's mal lousz würd ich sagen:





1. RASCO - TIME WAITS FOR NO MAN (1998)


Der Soulfather hat's auch echt nicht leicht...: Die Juice formulierte einst, bei einem Review zu einem neueren aka irrelevanten Rasco-Album, dass dessen Stil/Technik ja 1998 ganz nett und neu gewesen sein, aber man ja damals auch noch nicht ahnen konnte, dass der Kerl in 10 Jahren immernoch genau so rappen würde (sinngemäß zitiert).
Diese (trotz allem recht treffende) Aussage ist natürlich widersprüchlich, ändert doch kaum ein Rapper seinen Stil und seine Art zu rappen, sobald er einmal auch nur annähernd Erfolgsluft geschnuppert hat. If it ain't broke...why try fix it?, und so.
Ich denke, dass es vielmehr die aktive Entscheidung des Rasco, nämlich es um jeden Preis real zu keepen und inhaltlich nicht über das bekannte "yeah, yeah, rap, rap, represent, represent"-Konzept hinaus zu gehen usw. usf., war, die seinen Karriereverlauf nachhaltig beeinflusst hat. Würzt man diese bewusste Entscheidung darüber hinaus noch mit einer guten Prise Humorlosigkeit und einem entsprechenden Umfeld, wird einem schnell klar, dass es mit der Relevanz eines Rasco rapide bergab gehen musste.
Und genau das ist das Schicksal der meisten Backpack-Artists, die bewusst als eben solche antreten. Manchmal Schade, aber leider in den meisten Fällen kaum zu verhindern.
Naja wie auch immer - womit die Juice sicher recht hatte, war die Beobachtung, dass Rasco einst für einen kurzen Augenblick recht interessant erschien, und diesen Augenblick kann man mit "Time Waits For No Man" auch heute noch ganz gut nachvollziehen:
Gute Rapstimme, eine eigenständige Art zu "flowen" (*bbrrr*), gute Beats.
Eingefleischte Backpack-Fanatiker erinnern sich sicher auch immernoch gerne an das mächtige "Run The Line", von dem es gleich mehrere interessante Remixes gab - doch so wie ich das sehe ist dieser Track erst auf der reissue-Version des Albums zu hören, deswegen befasse ich mich hier nicht weiter damit.
Für mich war der (mal von "Run The Line" abgesehen...) standout-Track immer das brütende "What It's All About?":



Auch sehr schön fand ich immer das mit einem funky-piano-sample um die Ecke kommende "Heat Seaking", welches im übrigen von Paul Nice produziert wurde:



Okay, Das Endurteil für dieses Schlogi-Rap-Manifest sieht also wie folgt aus:


4 von 6 Eastpaks - das nenn ich mal ein gelungenes Backpack-Werk; Rasco konnte was und hatte obendrein ein gutes Gespür für die richtigen Beats, ohne dabei in zu offensichtliche Premo-Biterei zu verfallen.
Alles in allem ein sehr solides Album, welches man sich auch heute noch ganz gut geben kann - schön wäre lediglich etwas mehr Varianz im Bereich der Reimtechnik gewesen und vielleicht der eine oder andere interessante/lustige/unterhaltsame Inhalt. Achja und Humor natürlich. Aber das ist bei so viel realgekeepe natürlich immer etwas schwer umzusetzen.
Next!






2. DEFARI AKA LA'S OWN BILLY THE KIDD - SALOON MUSIC LP (2001)



(ohgott - das Cover-, äh..."design" lässt schon schlimmes vermuten...)

Ok, als nächstes widmen wir uns einem weiteren Westküsten-Rucksackrap-Werk, wenn auch hier die Vorzeichen gänzlich andere sind als bei Rasco:
Der gute Defari ist seit den späten 90ern sowas wie das 5. Rad am Likwit-Crew-Wagen.
In diesem Zeitfenster (1996 bis ca. 99) ist die Likwit Crew - mit Crewmembers wie X-to-tha-Z, den Liks selber, Lootpack uvw. - zwar ein ziemliches Powerhouse an der leftcoast; allerdings dividierte sich diese doch sehr lose zusammengetackerte Crew von Anfang an recht offensichtlich auseinander, indem alle Zugpferde und Einzelkünstler ihre eigenen Süppchen kochten und sich vorwiegend um ihren eigenen Durchbruch kümmerten.
Derjenige, der innerhalb dieses Prozess' immer wie eine Art ungeliebter Album-Featuregast herumgereicht wurde, und immer wieder als Likwitcrew-Legitimationsfigur heralten musste, war der arme Defari.

Zwar sorgte auch Defari's Solo-Debut, "Focused Daily" (1998), für vergleichsweise viel Aufsehen, aber ich denke es ist safe to say dass kurz danach das öffentliche Interesse an Duane Johnson rapide abnahm, da auch dem letzten fanboy klar wurde, dass der Kerl a) immer gleich rappt und b) kein interessantes Gimmick hat.
Keiner weiß/wusste so recht, für was Defari nun eigentlich stehen sollte - war er ein Hiphop-Nerd, ein Hustler, ein Westcoast-Gangsta? Ein broke-ass Alkoholiker?
Ich kann's euch auch nicht sagen!

So. Und nun kommt also sein 2. Album, bzw. die "Saloon Music LP", für welche sich Defari des Monikers "LA's own Billy The Kidd" annimmt...; oh! so ist das also! Jetzt haben wir ein Cowboy-Gimmick! Billy The Kidd, oha! Er schießt nun also viel/scharf und ist ein outlaw!? - Woooooow! *gähn*.
Ernsthaft: Das ist so ziemlich das ausgelutschteste und uninspirierteste Gimmick ever. Und dann noch so offensichtlich konstruiert, um einen unglaublich langweiligen MC iiiirgendwie interessanter zu gestalten.
Aber der Schuss (no pun intended) geht nach hinten los, denn Defari macht auf der Platte nämlich einfach mal genau das gleiche wie auf seinem Debut: Belanglosen Mist über rumpelnde Boom-Bap beats erzählen, ohne esprit und vor allem ohne humor.

Naja, das Album hielt wenigstens einen waschechten Freestylecypher-Klassiker und Rucksack-Evergreen mit "Say It Twice" bereit - nur auch bei diesem Ding kommt man nicht umhin festzustellen, dass ungefähr jeder andere Rapper den beat viel interessanter hätte bedienen können:



Davon abgesehen gab's auf der LP viel Müll und uninspiriertes Material (ein häufiges Bild bei zertifizierten Rucksack-Releases)...wie z.B. das unglaublich belanglos dahindudelnde "Randomly I Aim" (nomen est omen würd ich mal sagen...) :



So. Kommen wir noch kurz zur finalen Wertung:


Dieses Album, bzw. diese EP kann man sich auch als hartgesottener Backpack-Fan heute nur noch schlecht geben, wie ich finde. Zu belanglos, zu unlustig, zu wenig wirklich Eigenständiges bietet "The Saloon Music LP"; das angepeilte Western-Gimmick kommt darüber hinaus so ziemlich gar nicht zum Tragen und insgesamt fühlt sich die gesamte LP schon wie eine Art Rückzugsgefecht des Defari an, der merkt, dass er zu qualitativ hochwertigerem nicht in der Lage ist. Diese schlechte Stimmung überträgt sich letzten Endes auf den Hörer und so lässt dieses Werk einen bitteren Nachgeschmack zurück. Darauf hat keiner Bock. Solide bis gute Ev- und Alchemist-Beats hin oder her.




BACKPACK WISDOM #1

Okay, unter diesem Titel werde ich in zukünftigen "Backpackers Delight"-Artikeln jeweils sozusagen ein kleines Fazit, ein resumee formulieren, in welchem die neuen Erkenntnisse/das Gelernte oder Auffällige nochmal in Thesenform zusammengefasst wird.
Die in diesem Artikel besprochenen Veröffentlichungen haben uns unter anderem gezeigt, dass eines der Hauptprobleme bei ausgemachten Backpack- oder "NullRelevanz"-Releases der fehlende Humor ist.
That's it.
Ironie, Wortwitz und ein allgemeines Talent zum entertainen ist innerhalb der Welt der Rapmusik einfach enorm wichtig, und viele (aus heutiger Sicht) belanglose, untergrundige Backpack-Werke scheitern genau an diesem Punkt.
Mitunter sind die Projekte nichtmal unambitioniert...doch wenn der Humor, der Witz, der Esprit nicht rüberkommt...kann man technisch noch so gut sein und/oder noch so hochkarätige Boom-Bap-Produzenten im Boot haben - der Relevanzverlust (und in der Konsequenz eine ausgedehnte Europa-ClubTour zusammen mit Group Home...) ist in diesem Fall vorprogrammiert.

Rasco und Defari sind beides vergleichsweise humorlose Vertreter ihrer Art. Nur auf Rasco's "Time Waits For No Man" kann man wenigstens den Hunger und die rohe Energie eines (vermeintlich) gerade durchstartenden MCs heraushören....während Defari schon auf seinem sophomore Album die Energie verliert und dadurch beim Hörer bestenfalls als verbittert, lust- und antriebslos rüberkommt.

So, bis zum nächsten mal!
Ahja zum schluss noch ein leicht dümmliches und vergleichsweise unsympathisches Video von Defari...naja, vielleicht könnt ihr mir ja sagen, was genau er für einen Charakter darstellen möchte?! Ich werd nicht schlau draus...so geht das doch nicht, meine Güte:



Ach, und hier vielleicht noch kurz - nur so zum Vergleich - ein recht niedliches weil seeehr backpackiges Video von Rasco (und Planet Asia) :



Peace, Frieden und einen schönen Samstagnachmittag/Abend wünscht euer stets gutgelaunter Kapo des Nordflügels.
tschöööÖÖ!

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