Sonntag, 29. Juli 2012

Royal Flush - "Ghetto Millionaire" (1997) - unabhängige Kritik.

Ha! Ike ist back im Geschäft mit 'ner brandneuen review eines (mittlerweile) uralten slept-on classics, nämlich "Ghetto Millionaire" von Queens-representative Royal Flush.

Als Einstieg eine kleine Anekdote:
Ich bin schon seit ca. meinem 15. Lebensjahr ein kleiner Flush-Fanboy - allerdings ohne es zu ahnen...
Der große, weise DJ Mirko Machine hat damals Royal Flush Klassiker wie "Shines", "Rotten Apple" und besonders "Iced Down Medallions" in seiner Real Deal Radioshow on the regular gepumpt, und mich damit damals schwer beeindruckt.
Aber es sollten noch gefühlte ca. 10 Jahre vergehen, bis ich darauf kommen würde, mir dann auch mal das erste (und einzige) Album des Bürgermeisters von Queens zu Gemüte zu führen. Warum? Ehrlich gesagt keine Ahnung!
Denn dass die Ästhetik des Albums mich zu jedem Zeitpunkt meiner Hip Hop Sozialisation angesprochen hätte, steht außer Frage. Aber ich will eigentlich nicht schon zu viel vorweg nehmen.

Also nähern wir uns diesem Werk wiedermal Schritt für Schritt und schööön langsam, indem wir zunächst nen genaueren Blick auf das Cover werfen:




Jo. Im Gunde wird dem geneigten Käufer hier klassische Spät-90er-Ästhetik geboten, in dem der Protagonist in betont lässiger Pose und betont lässigen Klamotten betont lässig dreinblickt.
Insgesamt - so finde ich zumindest - wirkt das Cover aber durchaus seriös und ernstzunehmend, trotz des völlig übertriebenen Titels. Matter of fact fielen mir auf Anhieb viele andere mid- bis late-90's Cover von weitaus erfolgreicheren, "gestandeneren" Rapkünstlern ein, die weitaus lächerlicher und deplazierter wirkten.
Nein, doch, ich komme tatsächlich zu dem Schluss, dass es sich bei dem Cover zu "Ghetto Millionaire" um eins der stilsichereren Cover dieser Hiphop-Phase handelt - was Aufbau, Farbwahl, Motivwahl und Schriftzug angeht. Ästhetik-technisch ist das ganze durchaus in der Reihe der etwas bosshafteren und vergleichsweise "erwachsenen" Albencover wie z.B. Jay-Z's "Reasonable Doubt" oder auch "Vendetta", dem vielgescholtenem 2. Album von Royal Flush 's PartnerInCrime Mic Geronimo zu nennen.


So.
Aber nun zum Album selbst...
Um sich dem Album gebührend und mit dem entsprechenden mindset zu nähern, ist an dieser Stelle ein kleiner Flushing/Queens-Exkurs nötig:

So, Freunde, wie jeder weiß hab ich ein Herz für brutalen thug/murda-rap aus Queens; das was mich an dieser speziellen Spielart des Eastcoast-Raps seit je her fasziniert, ist die in sich geschlossene Klang-Ästhetik, die wie ein ungeschriebenes Gesetz in Queens zu gelten scheint:
Kein anderer Stadtteil des Rotten Apples hat eine derart kompakte Ästhetik hervorgebracht (wobei Harlem hierbei vielleicht diejenige Ausnahme darstellt, welche die Regel bestätigt), der sich junge und aufsteigende Rapper wie selbstverständlich unterordnen.
Dazu kommt ein in diesem Viertel offenbar besonders stark ausgeprägter Legenden-Kult: Natürlich, Crooklyn hatte Biggie, Shaolin den Clan, usw. usf....aber diese Legenden spielten für aufstrebende Künstler aus demselben borough in der Regel nicht eine derartige Mentor- und Oberguru-Rolle wie sie etwa Tragedy Khadafi, CNN, der Mobb oder gar Blaq Poet für jüngere Künstler in/aus Queens(bridge) spielen.

Die Spielart des Raps, welche in Queens seit ca. Anfang der 90er absolut dominiert, ist eine stark auf (Waffen-)Gewalt und Drogengeschäfte fixierte, mit ganz eigenen Abkürzungen, Slang-terms und sonstigen individuellen Bezeichnungen.
Was für den außenstehenden Rap-Laien vielleicht wie dümmliche Gewaltfantasien wirkt, ist für den geneigten Thug-Rap-Connaisseur eine ganz eigene Kunstform, in der es gilt a) niemals "off character" zu gehen, d.h. niemals mit dem Image/propagierten Lifestyle zu brechen, und b) immer wieder neue, lebendigere, bildhaftigere & symbolkräftigere Vergleiche und Chiffrierungen für die stets präsenten Content-Bereiche Gewalt, Sex & Drogen zu formulieren.

Soweit so klar.
Nun, um's kurz zu machen: Royal Flush sieht sich definitiv in der obig beschriebenen Tradition des klassischen Queens-Rap; bei seiner Persona, seinem Rap-Charakter kommt noch eine Prise flossin'- und Mafioso-Crimeboss-Mentalität hinzu, aber auch diese Ausprägungen sind ja im Grunde nicht selten innerhalb der mean streets of Flushing, Queens.


Und damit kommen wir dann auch endlich zum Album an sich.
Bzw. zunächst zu den Singleauskopplungen, hihi:
Die wurden meiner bescheidenen Meinung nach sehr ziel- und geschmackssicher ausgewählt, nämlich zunächst das schon im Jahr '96 aufgenommene und sehr mächtige "Worldwide", zu welchem es jedoch kein Video gab (vielleicht auch ein Grund dafür, dass die Single relativ sang- und klanglos unterging).
"Worldwide" habe ich erst viele Jahre nach den anderen Untergrund-Hits des Royal Flush gehört, aber bis zum heutigen Tag haut mich das fiese Geigensample am Anfang immernoch absolut um...und das ganze herrliche Gefluche über die "faggid-ass-n*gguz...", welche unentwegt diesen "NewYork-NewYork-Shit[...]" talken..., und dann, kurz bevor der Rap-part einsetzt, die bedrohlich wirkende Aufforderung: "...go get'cha gunz". Gänsehaut-Flava, sag ich euch!
Eine ganz großartige Single, mit einem monumentalen L.E.S.-beat, welche - wie ich finde - völlig zu unrecht untergegangen ist. [checkt dazu vielleicht auch diesen doch etwas underwhelmenden Hulk-Hodn-Remix des Tracks, welcher nicht mal annähernd in der selben Liga spielt wie das Original - Anm. D. Red.]


Mit der 2. Single-Auskopplung, "Iced Down Medallions", hat man sich wenigstens an einem Video versucht, in welchem dann konsequenter Weise auch Flush's homeboy, feature-partner und damals sowieso everbody's darling und beliebtester Hauptschulniveau-Rapper Noreaga zu sehen ist:


Royal Flush ft. Noreaga - Iced Down Medallions von zielonycd

Auch diese Single-Wahl kann ich voll und ganz nachvollziehen, handelt es sich doch bei "Iced Down Medallions" nicht nur um einen der absoluten Standout-Tracks des Albums, sondern auch um ein - für Thug-Rap-Verhältnisse - interessantes neues Themengebiet, in dem Royal Flush inhaltlich eines seiner Trademark-Spezialgebiete anspricht: "what's it all about? - Iced down medallions[...]"...


Das spezielle Verhältnis von Flush zu seinem Schmuck ist ein wiederkehrendes Thema des Albums und seines Charakters, indem er auf verschiedenen Tracks entweder den enormen Stellenwert dieser Luxusgüter herausarbeitet...oder aber darüber sinniert, dass ihn viele seiner Kollegen darum beneiden, und er deshalb nie ohne Wumme (aber selbstverständlich stets ohne Personenschutz, pah!) aus dem Haus geht.

Die Soundästhetik des Albums ist schließlich genau zwischen den beiden Singles zu verorten. Wer die Singles bereits mochte, musste das Album eigentlich lieben.
Royal Flush rappt mit seiner markant-rauchigen Stimme und dem unverkennbaren und patentierten Single-Rhyme-Stakkato Stil über ruhige, dezente und meist sehr zurückgelehnte beats von Superproduzenten wie den Beatminerz, Buckwild, EZ Elpee und, wie bereits erwähnt, L.E.S. .
Das hört sich natürlich zunächst nach dem klassischem Late-90's-Syndrom des "Hot-Producer-of-the-year"-Shoppings an...ist es aber nicht. Zumindest kommt das ganze so nicht beim Hörer an.
Die songs passen von der Stimmung und der Atmosphäre allesamt sehr gut zueinander und im Grunde lässt sich - weder für Laien noch Fachmänner - vom bloßen Hören kaum zuordnen, welcher Beat von welchem Produzenten stammt.

Aber was red ich lange...gebt euch einfach mal mein mittlerweile etabliertes Ike-Da-Strike-Albumsnippet [bei welchem ich mir von Mal zu Mal mehr Mühe gebe, stelle ich fest... - Anm. D. Red.]. Checkt den Lachs:



Wie sich durch das Snippet leicht verifizieren lässt, sind die beats zumeist eher langsamer - was mit Sicherheit auch der Stimme und dem Stimmvolumen des Royal Flush geschuldet ist.
Schnellere Beats könnte der Gute - so denke ich - gar nicht bedienen. Macht aber auch nix.

Sowieso ist mir Royal Flush von Tag eins an überaus sympathisch, und ich finde darüber hinaus, dass der Kerl auch genau so Teddybär-artig aussieht/wirkt, wie man bereits vermutete dass er aussieht/wirkt, solange man nur seine Stimme hört. Tons of charisma right there, wie ich finde.


Auf dem einen oder anderen Track gibt's dann auch noch den guten Mic Geronimo zu hören (ein Freundschaftsdienst zwischen den beiden, war doch auch schon Flush auf Mic G's Debut "The Natural" zu hören...), was ich persönlich für sehr erfrischend und auflockernd halte, da sich die doch sehr einzigartigen Stimmen der beiden sehr, sehr gut ergänzen.
Im Grunde wäre ein komplettes Kollabo-Projekt der beiden ca. 1997 eine sehr feine Sache gewesen...aber wie das Rap-Game so spielt, haben Label-Querelen und bei Mic G nicht zuletzt auch der etwas vorschnelle Durchbruchs-Versuch dazu geführt, dass man die beiden seitdem nicht mehr zusammen auf Platten gehört hat. Schade, verflucht!


Naja, wie auch immer...
Achso: Es sei vielleicht noch angemerkt, dass Rucksackträger, 4-Elemente-Realkeeper und sonstige konservative Hiphop-Puristen vielleicht durch die eine oder andere von Frauen eingesungene hook etwas aus dem Konzept gebracht werden könnten; doch auf solche Sensibelchen kann und will ich im Kontext dieses Albums nicht eingehen. Meiner Meinung nach harmoniert das Ganze ziemlich perfekt mit dem Charakter des Royal Flush und dessen Anspruch an Rapmusik. Passt.


Das einzige, was mich davon abhält, dem Album die Bestwertung zu verleihen, ist die Tatsache, dass das großartige "Rotten Apple", eine Royal Flush Maxi aus dem Jahre 1996, produziert von EZ Elpee, nicht auf dem Album zu hören ist (außer in dem kurzen Intro-Skit im Hintergrund).
Die 12"-Maxi wird heute zu ziemlich übertriebenen Preisen im Internet gehandelt, und, naja...das Ding hätte das Album für mich definitiv noch abgerundet, zumal es sich auch um den ersten Untergrund-Erfolg des Royal Flush handelte. Ich vermute mal, dass bei dieser Entscheidung irgendwelche ungeklärten samples eine Rolle spielten, hmpf! Schade! Hätte super in den Sound des Albums gepasst...

Nunja, kommen wir noch kurz zur finalen Wertung:


5 von 6 Del Rios. Ein echt sehr schönes Album, welches die 6 Del Rios lediglich deswegen nicht erreicht hat, weil mir persönlich das monumentale "Rotten Apple" noch fehlt. Naja, ich hätte dem Album auch sofort 5-ein-halb Del Rios spendiert, wenn ich eine entsprechende Grafik bereits erstellt hätte, hihi. 
Also nochmal, bzw. abschließend: "Ghetto Millionaire" lebt von den Beats plus der Stimme plus der Atmosphäre. Wer großartige inhaltliche Tiefe erwartet...der hat a) offensichtlich keine Ahnung von that-ol'-Queens-NY-Rap und wird b) definitiv und völlig zu Recht enttäuscht werden. Pech!


So. Das war's dann mal wieder aus meiner Review-Ecke...
als nächstes wird dann auf jeden Fall mal wieder ein LL-Cool-J-Album fällig, Freunde! Wir bleiben also in Queens, schönschön!

Bis denne und ich hoffe ihr konntet mit diesem Artikel ein bissken wat anfangen,
Peace & Frieden, euer Kapo des Nordflügels.

Ahja, hier, checkt noch den hier, der kam vor ein paar Jahren glaub ich...:



...them dudes still got it!

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