Freitag, 16. November 2012

Backpacker's Delight #2

Yüüüaaarz - All ihr Nerdz, Newjacks und Neo-Backpacker: Willkommen zur 2. Ausgabe meiner noch recht brandneuen Rubrik "Backpacker's Delight"...


Wie bereits bei der ersten Ausgabe lang und breit erklärt, werde ich mir hier immer zertifizierten Rucksack-Releases widmen, die man vielleicht damals (durch Zufall oder sonstwas) gehört hat...und die seitdem vielleicht etwas verschütt gegangen sind.
Euer bester Freund Ike Da Strike hat es sich zur heiligen Aufgabe gemacht, diese Juwelen des non-progressiven Boom-Baps nochmal auszugraben, durchzuhören und - das ist das eigentlich Wichtige - für euch nochmal abschließend zu bewerten/analysieren.

Da an bewusst rückwärtsgewandte Backpack-Veröffentlichungen andere Maßstäbe angesetzt werden müssen als an sonstige Rap-Platten, trenne ich durch diese Rubrik derartige Releases klar von den Inhalten meiner übrigen Reviews.
So.



In dieser Ausgabe verweilen wir geographisch noch ein wenig an der Westküste um die Milleniums-Wende, und beginnen konsequenter Weise mit einem Album/einer Compilation von DJ Desue...[...]...
"Was zum...!? DJ fucking Desue? U Serious, Bro?!" fragt ihr euch sicher;
Doch ihr habt richtig gelesen - ich befasse mich zunächst mit DJ Desue's Westküsten-Projektalbum "O.L.C. - Operation LeftCoast". Uuuund los geht's:




DJ DESUE - O.L.C. (2000)


Okay, wo auf Laut.de noch halfway-begeistert feststellt wird, dass "[...]beim Hören der Platte keinen Unterschied zu amerikanischen Produktionen" zu erkennen sei, erkennt der geneigte Hip Hop Connaisseur natürlich sofort dass dieser Umstand mitnichten ein positiver ist.
Eher das Gegenteil ist der Fall.
Vielleicht kurz ein paar Worte über DJ Desue:
Der Berliner ist in meiner Hip Hop Welt der so ziemlich größte Swagger Jacker und Stylebiter unter der Sonne. Doch damit nicht genug - er ist zudem noch der wandlungs- und anpassungsfähigste Chamäleon-Produzent zumindest Deutschlands...wenn nicht sogar der Welt.
Nicht falsch verstehen! - Desue liefert immer qualitativ und technisch hochwertiges Material ab...aber...cott damn: Vom ungefähr größten Dj Premier Fanboy zum Club-/Jiggy-Produzenten, zum Bushido-/Massiv-/"Straßenrap"-Produzenten...und und und...wie soll man da einen eigenen Stil entwickeln? Genau, gar nicht.
Und darunter leidet auch sein ambitioniertes, Ami-Connections exploitendes Machwerk "O.L.C.".
Die beats sind allesamt so furchtbar eintönig und vor allem unspektakulär...aber dennoch ist Desue immer peinlichst darauf bedacht, die premo-esquen Scratches schön on point zu platzieren, und die drums auch wirklich haargenau so klingen zu lassen wie straight in den D&D-Studios abgemischt.

Die Tatsache, dass Desue einen Haufen Mid-Level Rap-Celebs auf dem Album versammeln konnte (von den Dilated Peoples über die Liks bis hin zu Phil Da Agony und Konsorten...) sollte wohl Eindruck schinden oder whateva...aber der Punkt ist vielmehr folgender:
Rapper wie Defari oder Tash und co. [zusammengefasst könnte man sagen: Die gesamte damalige Likwit-Crew... - Anm. D. Red.] profitieren nicht...ich wiederhole: NICHT davon, wenn sie über super-uninspirierte Premo-Biter-Beats rappen lässt.
Die auf O.L.C. versammelten rapper haben häufig einfach nicht genug Witz/Esprit in ihrer delivery, um die mitunter drögen, zähen und repititiven beats adäquat zu bedienen.

Okay, noch kurz ein paar Hörbeispiele, die ich für hervorhebenswert halte (...das sind echt nicht viele, sorry!). Zum einen das ganz nette "Music, Money, Women" der Barbershop MCs (Phil Da Agony und Konsorten) :



Diesen Track finde ich - Premo-Drums hin oder her - ziemlich unterhaltsam. Phil da Agony passt gut auf diesen einfachen aber effektvoll gesampleten Beats (siehe auch seinen unsterblichen evergreen "Kronkite", da verhält es sich ähnlich), und die Stimmung ist eindeutig positiv - ganz im Gegensatz zu vielen anderen Tracks auf dieser Compilation, bei denen man sich eben oft nicht ganz sicher ist, was genau für eine Stimmung sie transportieren sollen.
Womit wir dann auch schon schon beim zweiten Hörbeispiel, und zwar "Yes", mit Aceyalone und Medusa (!?) wären. Also der gute Aceyalone ist ja im grunde so ziemlich unfehlbar, aber hört euch mal diesen musikalischen trainwreck von einem Hiphop-Track an...:



Puh. Super-uninspiriert. Langweilig³. Inhaltlich auch zu vernachlässigen. Hook in ihrer Penetranz ebenfalls nervig. Einfach ein rundum vergessenswerter Track.
Wie gesagt ist hier einfach die Richtung nicht klar genug vorgegeben worden: Soll der Track nun nach vorne gehen, ...oder eher chilled bleiben...soll er positiv/negativ rüberkommen - kein Plan! Irgendwas dazwischen halt. Hmpf.
Und so sieht dann die schlussendliche Wertung aus:

Die 2 von 6 Eastpaks spendiere ich hier hauptsächlich aufgrund der durchgehend hohen Qualität der Produktionen - nicht aufgrund von ästhetischen Faktoren.
Die Rapper verlieren sich allesamt im Sumpf der belanglosen Backpack-Themen und können häufig den Premo-beats keine wirklich zwingenden Momente hinzufügen.






AKBAR - BIG BANG BOOGIE (2001)


Jaui - wir bleiben weiterhin an der Leftcoast [mehr oder weniger zumindest - Akbar hat wohl auch häufiger mal seinen Wohnort drastisch gewechselt, wenn ich das richtig sehe - Anm. D. Red.], und auch interessanter Weise in einer ähnlichen Zeit.
Kleiner Exkurs dazu:
Um die Jahrtausendwende befand sich der der traditionelle Boom-Bap-/Independent-Hip Hop in einer mittelschweren Sinnkrise, da der althergebrachte sound in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit als überholt galt, man sich aber in weiten szeneinternen Kreisen weigerte, sich dem zu dieser Zeit sehr gefragten, neuartigen Clubsound (inklusive Synthie-Einsatz und whatnot) anzuschließen.
Heraus kamen viele verkorkste Hybrid-Alben in den Jahren 1999-2003, die versuchten, den guten alten Boom-Bap sound in einem modernisierten Gewand zu präsentieren.
Viele Legenden und Veteranen wurden in diesem brutalen Prozess geburied und scheiterten an den neuen Anforderungen an ein völlig verändertes Rapgame. Dies war die quasi-Geburtsstunde des Backpack-Raps.

So, und genau in diesem Zeitfenster macht sich nun also der gute Akbar auf, sein Debutalbum am Markt zu platzieren - und zwar mit einem bewusst backpackigen Konzept, soviel steht fest:
Die beats rangieren alle irgendwo zwischen den Polen Premo und Kutmasta Kurt, raptechnisch...ist Akbar schon irgendwie auf der Höhe der Zeit, aber seine topics irgendwo zwischen keep-it-real und ufos und Weltraum sind halt so anti-progressiv, dass es weh tut.

Nur man muss sagen: Trotzdem klingt das ganze irgendwie gut. Da gibt's nicht viel zu diskutieren. Man kann sich das Album gut anhören.
Im Gegensatz zu Desue's Effort kann man hier klar einen roten Faden, ein Konzept erkennen - denn alle Tracks werden von einer grundsätzlich warmen (no homo) und, ja, positiven Stimmung gesäumt.
Akbar klingt auch - im Gegensatz zu den vielen, äh, Hochkarätern auf "O.L.C." nicht gelangweilt oder uninspiriert, sonder man kann ihm - Rucksack-flava hin oder her - einen gewissen Hunger nicht absprechen.
Aber hört selbst...
Zunächst mal der standout-track überhaupt, der auch konsequenter Weise als Single ausgekoppelt wurde, das nach vorne gehende "Hot Ya Hot":



Der Beat ist ein ziemlich typischer M-Boogie-Beat aus dieser Zeit: etwas treibend, leicht premoesque Drums, positive Stimmung, trotzdem nicht langweilig. Gutes Ding!

Wirkliche Totalausfälle gibt es auf diesem Album tatsächlich nicht zu verzeichnen, weshalb ich noch eben - um auch einen etwas untypischeren Track zu präsentieren - für euch den unvermeidlichen R.I.P.-/Motivational-Track "Hold On" ausgesucht hab, hier bidde:



Jo, auch ne ganz nette Nummer, zumal sie sich - trotz melancholischer Stimmung - ganz gut ins Klangbild des Albums einfügt.
Also...kommen wir zur Abschlusswertung:


Die 5 Backpacks sind hier wirklich angebracht, denke ich: "Big Bang Boogie" wird zu einer der dunkelsten Zeiten für Boom-Bap-Rap released, und schafft es dennoch - mittels Liebe zum Detail, eines vergleichsweise hungrigen MCs und vor allem einer zusammenhaltenden Atmosphäre - eine derart hohe replay-value zu erzeugen, dass man sich den Lachs auch heute, mehr als 10 Jahre nach VÖ, noch gut geben kann.
Sicher, die UFO- und outer-space-Topics von Spacecadet Ak klingen heute mehr als angestaubt und überholt, haben aber auch heute noch einen gewissen naiven Charme, dem man sich nur schwer entziehen kann. Checkt das selber mal aus!





Backpack-Wisdom #2

So, kommen wir zum Fazit der diesmaligen Ausgabe. Letztes Mal lernten wir am Beispiel von Rasco & Defari, dass (fehlender) Humor ein wichtiger Faktor ist, der über die Anhörbarkeit und die Halbwertszeit eines Backpack-releases entscheidet.
In dieser Ausgabe stellen wir fest, dass es offenbar mindestens genau so wichtig ist, ein in sich geschlossenes und vor allem vorher überlegtes Soundbild und allgemeine Ästhetik zu präsentieren.
Es reicht offensichtlich nicht, musikalisch einfach eine 1:1 Premo-Kopie abzuliefern, die üblichen Verdächtigen Schnarchnasen-MCs darüber rappen zu lassen und fertig ist der Szene-interne Untergrundhit.
Nix da! "O.L.C." von DJ Desue & friends falsifiziert diese Annahme aufs spektakulärste.
Wir stellen fest: Nicht für jeden MC ist ein Premo-Beat eine gute Idee, und - fast noch wichtiger - ein Premo-Beat nützt halt nicht viel, wenn nicht klar wird, welche Stimmung, welche Atmosphäre er transportieren soll: Wenn ich nicht weiß ob ich nun kopfnicken, tanzen, nachdenken, traurig sein, lachen soll, skippe ich den Track weg und dis wars.

Ahja, wer vllt. noch nach all dem BlaBla über die oben besprochenen Werke ein paar visuelle Eindrücke zum weiteren Verständnis braucht, hier bittesehr. Erstmal was von Akbar:



joo....und noch eine Sternstunde des gepflegen Amirap-Dickridin', Desues infamous "Art Of War" mit nem Haufen B-Ligisten-Rapdudes:


Afrob,DJ Desue,Nature-Art Of War - MyVideo



So, ich hoffe ihr konntet mit dieser Ausgabe 'n bissken wat anfangen, ...vielleicht stimmt ihr mir ja sogar hier und da zu - oder könnt möglicherweise irgendwas gar nicht nachvollziehen - wie auch immer: Feedback ist immer erwünscht, ihr Maden. Wisst ihr ja.

Peace&Frieden...
Euer Flexfits-Verbrennender Kapo des Nordflügels.
rinnjehaun.






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