Montag, 8. April 2013

Cypress Hill - "Cypress Hill" (1991) - unabhängige Kritik.

Joooou, Freunde von Sonne, Sex & Sportzigaretten: Angesichts des kurz bevorstehenden Westküsten-Specials der von mir und DJ Today konzipierten Hip Hop Hurrah Radioshow [zu hören am 09.04., um 19:00 auf www.oeins.de im Livestream oder auf 106,5 im Radio, falls ihr euch im Oldenburger Raum befindet... - Anm. D. Red.], dachte ich mir es wär' vielleicht mal an der Zeit, hier auch mal die erste Platte aus dem sonnigen Kalifornien mit einem review zu versehen. Passt ja auch, zumal sich die Sonne hier ja langsam auch wieder rausquält und wir auch in diesen Gefilden wieder etwas erträglichere Temperaturen erwarten können, demnächst.

Und was passt da bei Ike Da Strike, dem ollen hazeknospenknabbernden gaylordfucker, besser als das Debut der weltberühmtesten Hiphop-Weedheadz weit und breit (pun intended)!? Ebend.

Aaaalso, heute bespreche/reviewe/kritisiere/analysiere ich hier ausgiebigst das selbstbetitelte Debutalbum von Cypress Hill, aus dem Jahre 1991.
Vorweg vielleicht folgende Hinweise:
Ich bin - trotz absoluter Abneigung gegenüber Kifferkram im allgemeinen (ernsthaft!) - praktisch seit Tag 1 (oder 2...) ein sehr sehr großer Fanboy dieser Gruppe, und auch ungefähr allen dazugehörigen affiliates, weedcarriern (ganz wichtig!) und sonstigen Wegbegleitern (und das sind ne Menge, wie der geneigte Kenner wissen sollte!).
Wie dem auch sei: Ich tendiere möglicherweise hier und da dazu, die accomplishments der Gruppe etwas zu überhöhen oder den historischen Wert ihrer Mucke etwas über zu dramatisieren - aber...nunja...das dürftet ihr ja eigentlich bereits von meinen Reviews im Bereich LL Cool J kennen. Also, äh, live with it, slymez.

Soooo, also, dann geht's wohl los, würd ich sagen - und wir beginnen wie immer erstmal mit einer Analyse des Covers dieses Werks, also biddesehr:




Okay, hm - schwierige Angelegenheit. Schwierig deswegen, weil hier im Grunde gar nicht so viel eklatant falsch gemacht wurde, wie potenziell falsch hätte gemacht werden können:
Wir stellen fest, dass der Zypressenhügel schon mit einem vergleichsweise geschlossenen corporate design daher kommt, unschwer an dem martialischen Totenkopf-Logo zu erkennen.
Die rechte Hälfte des Covers zeigt uns darüber hinaus, was wir als geneigte Hörer zu erwarten haben, bzw. in welche Richtung die Reise aller Wahrscheinlichkeit nach gehen wird: Wir sehen eine geradezu ikonenhafte Brennende-Mülltonne-Im-Ghetto-Szene, in welcher die Cypress Hill Gründungsmitglieder Sen Dog, B-Real und Muggs zu erkennen sind. Das Bild wirkt erstaunlicherweise - besonders im Vergleich zu vielen artverwandten Ghetto-Romantisierungsversuchen - wie eine authentische Momentaufnahme, und nicht wie eine gestellte Kulisse.
Die Entscheidung, dem Album keinen wirklichen Namen zu geben, passt weiterhin zu dem "total package" (sry, Lex!), welches die Typen offenbar gleich mit ihrem Debut darstellen wollten. Ziemlich gut überlegt. Es sind solche kleinen aber feinen Details, welche Cypress Hill - nicht zuletzt auch musikalisch -von der Konkurrenz abheben sollten.

Nach der Trennung von fellow latino-rap-kollegen Mellow Man Ace (dem Bruder von Sen Dog), der sich an einer Solo-Karriere versuchte (die in der Konsequenz relativ unspektakulär scheiterte, aber sei's drum) - stellte dieses Album also nun den Mainstream-Durchbruchsversuch für die 3 dudes dar.
Dem Album ging die Single "Phuncky Feel One" voraus, mit dem mehr als mächtigen "How I Could Just Kill A Man" auf der B-Seite [hier kann man getrost von einer Doppel-A-Seite sprechen, denke ich... - Anm. D. Red.].
Let's have a look:



Grandios. Perfekt. Sehr clever inszeniert.
Habt ihr das gesehen!? An all euch lame-ass-underground-ass dudes, SO platziert man sich nachhaltig im game: Wir erkennen gleich zu Anfang schon das Totenkopf-Logo, welches sich offenbar etablieren soll, zumal wir es auch throughout the video auf den T-shirts usw. der Crew erkennen. Einprägsame imagery, wiedererkennbare Elemente (siehe hierzu auch die häufig auftauchenden hoodies mit diesen heute lächerlich wirkenden Zwergen-Zipfelkapuzen und die obligatorischen Fischer-Hüte) - und was darf darüber hinaus nicht fehlen?! Ganz genau: Ein paar wohldosierte und wie beiläufig passierende Cameos, hier in Form von Ice Cube und King Tee, welche zu dieser Zeit der absolute Hot Shit sind im Westen/LA.

Doch damit nicht genug: "How I Could Just Kill A Man" wurde auch noch in einem der Hiphop-Blockbuster des Jahres [und meiner Meinung nach einem der wirklich besseren Rap-Filme die da draußen rumschwirren - siehe hier für mehr Info - Anm. D. Red.] an prominenter Stelle gefeatured.

Und die Mucke erstmal...puh...
Neben der für damalige Verhältnisse absolut neuartigen und nie gehörten Nasal-Stimme von B-Real fällt vor allem der unglaublich stimmungsvolle und zwar im Grunde warme (no homo) aber eben auch beklemmend-gefährliche sound von DJ Muggs auf, doch dazu später noch mehr.

Das Album spawnte neben "Phuncky Feel One/How I Could Just..." noch 2 weitere jeweils Doppel-A-Seiten-Maxis, auf die ich hier aber des Lesevergnügens wegen (schließlich hätten wir dann schon 6 der Albumcuts schon dezidiert besprochen...) nicht weiter eingehen werde.
An dieser Stelle lässt sich vielleicht am besten mein kleines selbstgemachtes Album-Snippet platzieren. Zieht euch das mal rein, während ihr den Quark hier lest, dann kann man das vielleicht alles etwas besser nachvollziehen und ist dazu noch multimedial gefordert/ausgelastet, yo...:



Aaalso, zum Sound:

Dazu muss man erstmal verstehen, wie sich der Westküsten-Sound bis dato so gestaltete. Elektromucke hatte ja an der Westküste eine lange Tradition, und war dort noch bis in die späten 80er weitgehend beliebt und gern produziert, während man an der Ostküste schon Mitte der 80er das ausgiebige Sampling für sich entdeckte, statt die ewig gleichen 808-sounds zu bemühen.


Aber mit dem Ende der 80er entwickelte sich an der Westküste, auch durch Gruppen wie NWA initiiert, ein neuer, zwar definitiv Ostküsten-orientierter aber nichtsdestotrotz andersartiger musikalischer Ansatz:
Mit dem ganzen sampling-Wahnsinn wurde im Westen sogar noch spielerischer und experimentierfreudiger umgegangen als an der Ostküste. Besonderes Markenzeichen des kalifornischen Sounds war dabei, dass hier absolut gar nicht davor zurückgeschreckt wurde, beliebte samples, sounds und schnipsel einfach wieder und wieder zu verwenden.
Das gestaltete sich in NewYork logischerweise anders: Hier galt es als ungeschriebenes Hiphopgesetz, dass man innovativ, d.h. mit freshem, neuem stuff um die Ecke kommen musste; und in der Konsequenz nicht einfach next man's sample verwenden durfte/sollte.
Nicht so in L.A. und umzu: Wie? Was? Atomic Dog wurde schon x-mal verbraten!? Kein Problem, wir nehmen  einfach noch diese Funky Worm Düdelei dazu - ist doch auch immer sehr gut angekommen - schon haben wir nen ganz neuen track, peng!


Ich fand diese Ästhetik eigentlich immer relativ lustig, weil naiv und unbekümmert...aber nun - cue Cypress Hill: Diese Maggers kamen mit einem Mal mit einem vööööllig neuen sound daher. Hier wurden Sachen gesamplet, die bis dato noch gar nicht auf dem Radar der meisten Westcoast-Cats erschienen...dann screechie-Gitarrensamples, merkwürdige Geräusche, geloopte Vocalschnipsel...im Vergleich zum restlichen einstmaligen Westküstensound muss das Album wie eine komplette Frischzellenkur gewirkt haben.
Und das bemerkenswerteste an dieser neuartigen Ästhetik war eigentlich die Stimmung, die Atmosphäre:

Muggs Produktionen wandelten stets auf einem schmalen Grat zwischen Funk und Hektik(s), zwischen organischem, warmem sound und absolut gefährlichen, beunruhigenden Klängen.
Der Muggs sound sollte dann auch bezeichnenderweise nur 1 Jahr später zu einer Art Soundtrack der 1992er LA-Aufstände werden - nichts hätte besser in den Zeitgeist gepasst.
Als hätten sie es geahnt, möchte man heute fast meinen.
Dieses Album, zusammen mit "The Chronic", markierte nämlich eine ziemliche Trendwende im traditionellen Westküstensound - wenn die Alben auch jeweils in der Konsequenz unterschiedliche subgenres generierten, kann man doch sagen, dass sie beide, mit ihrem auf Platte gepressten, überbordenden Unbehagen und der allgemeinen Rebellion quasi das musikalische Intro für die Ausschreitungen darstellten.


So wundert es dann auch nicht, dass die meisten Albumcuts eher in höheren BPM-Gefilden stattfinden - ohne jedoch in diese "Fast Hip Hop = Dancemusic"-Trugschlussfalle zu tappen, wie es bei Ostküsten-releases zu dieser Zeit häufig beobachtet werden konnte.
Darüber lockern einige wohlplatzierte interludes ("Break It Up" und "Ultraviolet dreams") das nervös-hektische Gesamtbild des Albums gut auf, und untermauerten weiterhin das "Superproducer"-image des DJ Muggs. Runde Sache soweit.


Nungut, wie ich meinem Blogger- und Rapversteher-Kollegen Fionn gegenüber bereits zähneknirschend einräumen musste:
Das "Gesamtpaket", die geniale Marktplatzierung und die musikalische Finesse eines DJ Muggs hin oder her: Man kommt nicht umhin festzustellen, dass man Cypress Hill nicht unbedingt für ihre lyrischen Technikabfahrten schätzt/hört.
Das Sen Dog kein wirklicher Rapper ist, dürfte auch dem hinterletzten Slyme bewusst sein/werden, und das B-Real auch nicht gerade eine Technik-Ikone ist, sollte sich auch schon seit längerem rumgesprochen haben.
Nur:
Auch hier lohnt ein genauerer Blick. Die Art und Weise, wie Cypress Hill diese Schwäche kaschieren, bzw. in den Hintergrund treten lassen, ist schon interessant:
Meist stellt Sen Dog das Hook- und Adlib-Äffchen bei Hill-Tracks dar, was im Zusammenhang mit seiner heiseren, äh, "delivery" und seinem - nomen est omen - hundeartigen Silben-Gebell sehr sinnvoll erscheint. Und B-Real...naja - der Kerl kommt halt mit seinem Nasal-Flow daher, was wieder ein Alleinstellungsmerkmal darstellt, wie eingangs bereits erwähnt, und einen enormen Wiedererkennungswert besitzt. Jeder (er)kennt diese Stimme, und schon wird es ein wenig egaler, was der Kerl da eigentlich reimt. Gut gelöst, möchte ich meinen.


Inhaltlich ist beim Zypressenhügel natürlich auch vergleichsweise wenig zu holen. Sehr, sehr generic gangsta-ish, den die Herren Real und Dog da abliefern. Spätestens seit N.W.A. haut sowas natürlich keinen mehr vom Hocker, ...bis auf die weißen Mittelstandskids, die nun wussten: "Whoa, bei den latinos gehts auch ganz schön hardcore ab, ey! Puh".
Aber gut...so sparen wir uns ein längeres Kapitel - ist doch auch was wert.
Obwohl moment! Eiiine Kleinigkeit war dann ja doch noch erwähnenswert bei den Jungs, no homo!
Hier sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Cypress Hill - ja, bereits auf diesem Album - weedsmokin' entgültig salonfähig gemacht haben. Auf einmal war es absolut i.O., Drogen zu verherrlichen, über den Konsum dieser zu rappen und...damit auch noch durchzukommen! War bis dato unheard of.
Vor den Cypress Hill dudes gab es hier und da mal einen Rapper (siehe z.B. Tone-Loc) oder eine Rap-Referenz (siehe zB "all the kids smoke reefer[...]" aus "The Message"), aber im allgemeinen wurde Kifferei innerhalb von Raptexten meistens abgelehnt...hehe, interessanterweise etwa auch von Dr. Dre, ca. 3 Jahre bevor er sein "The Chronic" (!!!) Album releaste...schon lustig.


Jo. Noch eine kleine, interessante Überlegung zum Abschluss vielleicht, auf die mich ebenfalls mein werter Kollege Fionn aufmerksam machte:
Im Grunde lassen sich ob des Debuts von Cypress Hill einige Parallelen zu Run-DMC (!) feststellen:
Nicht nur kamen beide Gruppen bereits mit ihrem Debutalbum mit einem in sich geschlossenen Auftreten und Design an den Start, nein, beide Gruppen brachten mit ihren Debutalben auch vergleichsweise frischen Wind und damit neue Trends ins game, UND beide hatten jeweils keinen Titel für ihr erstes Album. Zufall?! Plan 58?! Illuminaten!? Kein Plan, diggy, aber ist schon recht interessant.
Darüber hinaus lässt sich auch die Initiation vergleichen, zumal Sen Dog der Bruder vom zu diesem Zeitpunkt bereits etablierten Mellow Man Ace war, während Reverend Run ja schließlich auch der Bruder vom bereits etablierten Russel Simmons war. Hm, hm, hm.
Ein wichtiger Unterschied lässt sich allerdings in der Förderung des Nachwuchses feststellen:
Run DMC schienen kaum in der Lage zu sein, wirklich ernstzunehmende Affiliates zu generieren...mal von den späteren JMJ-Projekten wie Afros, Onyx oder auch 50 Cent abgesehen...
Damit verbunden hatten Run-DMC auch stets mehr so einen "All World"-/internationalen Anspruch, während Cypress Hill ja immer zumindest mit einem Auge auf Heimat LA, CA schielten und diese Gegend stolz repräsentierten.
Naja. Könnte man vielleicht mal weiter recherchieren, zu diesem odd couple.


So, bleibt noch die Abschlusswertung, Freunde:


Jo. Viele hätten hier vielleicht ganze 6 Del Rios aka die Höchstwertung erwartet...aber ich persönlich finde, dass dieses Album zwar sehr sehr gut, aber nicht das beste Produkt aus dem Hause Cypress Hill ist. Hehe. Da könnt ihr schön weiter überlegen, welches Album der gute Ike noch besser finden könnte als dieses...kleiner Tipp: "Black Sunday" ist es NICHT (!). Ha.
Mir ist die Debut-LP von der Gesamt-Ästhetik her hie und da eine Spur zu hektisch. Man hätte teilweise noch etwas mehr Tempo rausnehmen können, wenns nach mir ginge - aber ansonsten ist das schon ein sehr, sehr großartiges Werk, keine Frage. Altert im übrigen auch sehr gut - solltet ihr euch bei Zeiten auch nochmal reinziehen, fuckers.




Okay, jo, das war's für diese Ausgabe der HHH-Reviews...
nächstes mal gibt's dann (wahrscheinlich) das Nachfolge-Album, "Black Sunday"...mal sehn was da so geht! Peace yo.

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