Montag, 21. Oktober 2019

Mixer Talk: Rane 62.

So. Ich hab neulich bei evilBay 1 Rane 62 Mixer gekauft.
Warum?
Kein Plan, er war sehr günstig, und ich weiß dass das Ding damals (2011/'12?) unfassbar teuer war.
Ich hab noch nie einen so teuren Mixer bzw. Controller besessen (it started of like this son, rollin with this one, and that one - pullin out gatz 4 fun!).
Ich besitze nun seit 2013 ein und denselben Traktor Kontrol Z2 Mixer, und bin sehr, sehr zufrieden damit.
Ich bin auch sehr zufrieden mit der Traktor Software im allgemeinen.

Aber...der Kauf des Rane 62 ließ mich überlegen: Ist dieses Teil möglicherweise einen (Software- und Hardware-)Umstieg wert? Ey das Ding wurde etwa zeitgleich mit meinem Z2 rausgebracht, und kostete einfach mal 4x so viel? Das muss doch was taugen?


Ey so viele bunte Reglers und Knöppe? Goil.

Ich teste das Ding also erstmal.
Und um's kurz zu machen: Ich mag's nicht.

Mein Respekt vor dem Namen Rane und des schieren Wertes des Geräts ließ mich wirklich lange drüber nachdenken und grübeln, aber...nein.
Ich bin bei meinem guten, alten Z2 geblieben, und damit auch der NI-Familie treu geblieben, for what it's worth.


Hier nun also der - von keinem erfragte oder gewollte, zudem sehr stark verspätete - Erfahrungsbericht mit dem Produkt.

Haptik, Aufbau, Fühls.

Es lässt sich zunächst feststellen, dass der Sixty-Two nicht so massiv daher kommt wie der Z2 (oder vergleichbare Mixer). Er fühlt sich eher leicht an (für viele vllt. ein Pluspunkt). Aber mit der Leichtigkeit kommt auch ein Gefühl von Karosserie-plus-Inhalt auf, was sich zumindest für mich nicht gut anfühlt. Ich mag die kompakte und "abgeschlossene" Bauweise des Z2 et al - was sicher auch damit zusammenhängt dass ich kein Technik-"fan" oder Schrauber bin, der vor hat, dass Ding aufzuschrauben, daran rumzutüfteln etc.
Für mich als Technik-Laien fühlen sich backsteinschwere andere digitale Mixer einfach "wertiger" an, weil sie das wohlige Gefühl eines total package, eines plug&play-Geräts, vermitteln [call it applesyndrom... - Anm. d. Red.].


Da habt ihr's. Die geballte Ladung unnötiger Knöpfchen und Regler.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Pads, Potis und sonstige Regler. Ein weiteres leidiges Thema unter DJs, die je nach Arbeits-Fokus und Kontext mal mehr und mal weniger Wert auf die Beschaffenheit der ganzen Knöpfchen legen.
In diesem Fall zähle ich (ausnahmsweise) eher zu ersteren. Knöpfchen und deren Drück-/Dreh-Gefühl sind mir sehr sehr wichtig no homo.
"Ike wie kommt das? Du bist doch kein Elektro-Dude, der ständig an Effekt-knobs drehen tut oder wie oder was? What happened 2 realnizz? Scratchy-scratchy?" - ok folgendes:
Ich bin üblicherweise sehr Knöpfchen-heavy am Auflegen: Loops setzen, Cue-Punkte, Effekte, Abfeuersounds, and all that good sh*t - das ist sehr wichtig für meine Auflegerei. In Kombination mit Scratchen und all diesem und jenem.
Matter of fact lege ich meist nur mit 1 Turntable auf. Ja, den ganzen Abend über.
Ich bin also immer wieder darauf angewiesen tracks vom einen auf den anderen Kanal zu schieben, und dergleichen mehr. Und das muss schnell gehen. Das muss leicht gehen. Und die Knöpfe müssen entsprechend angeordnet sein.
All diesen Komfort bietet mir der Rane 62 leider nicht.
Die Knöpfe und potis sind all over the place, der Mixer wirkt sehr unaufgeräumt...die "load"-Buttons für das laden der Tracks auf den jeweiligen Kanal liegen meilenweit entfernt voneinander und nicht gut erreichbar in den linken/rechten oberen Ecken des Mixers. Der browse/load-Knopf fühlt sich nach Hartplastik an und ist nicht mal eben im vorbeihuschen zu drücken.

Manche Sektionen des Mixers nehmen meiner Meinung nach unnötig und übertrieben viel Platz ein, und andere sind unterrepräsentiert oder an sehr ungünstige Stellen verfrachtet worden. Warum ist die ganze loop-Sektion so riesig? Wofür brauch ich das?
Der Z2 lässt mich die loops simpel und effektiv über die Pads ansteuern. Damit sind Cue-Punkte, Loops sowie punch-in-Sounds in der gleichen Sektion zu finden, und nehmen nicht unnötig Platz auf der Mixeroberfläche ein.
Loops über die pads anzusteuern lässt sich beim 62 mit Sicherheit auch manuell belegen, klar, kein Thema...aber der Platz auf dem Mixer ist trotzdem verschwendet und futsch.

Und über die Sinnhaftigkeit des kleinen fancy Screens in der Mitte des Mixers brauch ich wohl nicht erst diskutieren. Was zur Hölle? Wozu das ganze? Ernsthaft um mir den jeweiligen delay-Intervall anzuzeigen? Und manuell bis ins detail verändern zu lassen? Wo-fucking-zu?
Ich drehe beim Z2 an einem stufenlos verstellbaren Rädchen um den delay-Intervall und die Lautstärke zu regulieren, zackbumm, fertig aus. Und sonstige Details eines Echos/Delays (wie etwa die Dauer etc.) lassen sich an eben jenem Rädchen mittels shift-Taste regulieren.

Was fehlt?

Sowieso:
Wo ist deine scheiss shift Taste, Sixty-Two?
Warum ballert ihr die Mixeroberfläche mit überflüssigem Krimskrams voll, wo ihr viele der Funktionen über eine Shift-Taste (aka alternative Tastenbelegung) hättet zusammenfassen können?
Tja.
 
Und on that note...wo zur Hölle ist euer sync-Button? Hm?
Aaaach ja, richtig, das ist ja Rane, die Realkeeper-Mixermarke die sich ~2012 noch gegen den Einsatz von Sync Funktionen gewehrt hat.
Ein Kollege von mir meinte dass die Serato-software zur Veröffentlichung des 62 noch gar keine sync-Funktion angeboten hat.
Das ergibt natürlich Sinn...aber - macht es das besser?
Mindestens ebenso nervig ist das Fehlen eines Int/Rel-Switches, welcher mich zwischen den Abspielmodi wechseln lässt. Klar, der Sixty-Two ist aller wahrscheinlichkeit nach einfach nicht als standalone-Mixer konzipiert worden - nur...whut tha flyin fuck Rane? Warum nicht? Wozu brauche ich dann diesen Mixer?

Dieser Mixer. Er ist sehr gut. Note 1+.

Fazit

Um's mal zusammen zu fassen:
Der Aufbau, die Haptik und grundsätzliche Überlegungen zum Design und der Verarbeitung des Mixers lassen aus heutiger Sicht an vielen Stellen zu Wünschen übrig.
Diese merkwürdigen Entscheidungen sind dem Alter des Mixers geschuldet, und ließen sich somit entschuldigen, klar!
Nur: Der Z2 kam etwa zeitgleich auf den Markt.
Und hat die meisten dieser Krankheiten nicht.
Das lässt sich auch an anderen Faktoren ablesen:
Während der 62 heute kaum noch jemanden zum Kauf reizt (talk about Wertverlust: Ich habe für meinen ca. 450€ bezahlt, go figure)...ist der Z2 nicht nur weiterhin auf einem stabilen Preisniveau (700€ bei release - 6 Jahre später immernoch ca. 500€), sondern hat auch einige spin-off-/rip-off-Veröffentlichungen mit sich gebracht, siehe hier, hier und hier.
Warum? Weil der Aufbau und das Design sich bewährt hat. That's why.


Weiterführende Gedanken

Die übergeordnete Frage, die daraus resultiert, spannt den Bogen vom heute "veralteten" Sixty-Two zur Gegenwart:
Kann ich einer Firma, die ein (bereits zum damaligen Veröffentlichungstermin) stark verbesserungswürdiges, kurzlebiges Produkt für unfassbar viel Geld verkauft, vertrauen?
Im Sinne von: Kann ich dieser Firma vertrauen, aus den Fehlern zu lernen?
Ich bin sehr skeptisch was das angeht.
Wovon ich in jedem Fall ausgehen kann, ist dass alle jeweils aktuellen Rane-Mixer im Hochpreissegment zu verorten sein werden - no doubt bout dat - aber was nützt es?

FFwd in die Gegenwart: Der Rane 72 ist das aktuelle Flagschiff der Rane-Mixerfamilie - und dieser Mixer wird auch weltweit von namhaften DJs verwendet und alles - aber...ich persönlich würde mein Geld nicht drauf setzen.
Am Aufbau des 72 kann ich zwar sehen, dass viele der Problemchen mit dem 62 aufgegriffen und verbessert wurden - während andere Mängel (wie etwa eine überladene Oberfläche und merkwürdige Entscheidungen bei der Anordnung bestimmter Segmente) einfach munter weiter kultiviert werden. Meinen Vertrauensbonus hat Rane zumindest verspielt.
Riesenbatzen Kohle ausgeben für etwas was möglicherweise nicht der zeitlose be-all-end-all-apparat sein wird, der es bei dem Preis und bei dem Namen allerdings sein sollte? Nee. Danke.

Was den Sixty-Two im speziellen betrifft:
Ich hab den Artikel hier nicht zusammengetackert um den Sixty-Two posthum zu bashen oder nachzutreten - wirklich nicht!
Es geht mir vielmehr darum, dass ich ein weiteres mal irritiert bin ob der Preispolitik bestimmter Anbieter auf dem DJ-Equipment-Sektor...und darüber dass nicht wenige Nutzer bereit sind diese Preispolitik zu legitimieren. Und damit für die Zukunft sicherstellen, dass sich die entsprechenden Firmen auch bei ihren Nachfolgern nicht wirklich Gedanken über irgendwas machen müssen. Bravo.

Ein guter DJ-Kollege von mir (s/o corin!) ist absolut zufrieden mit seinem Rane 62, was natürlich am Kontext liegt:
Im Gegensatz zu mir ist er nämlich hauptsächlich Scratch-/Turntablism-fokussiert. Das Fehlen von sync-Taste, shift-Taste und anderen vereinfachenden Aspekten (loopfunktion per Buttons, Größe der Buttons, Aufgeräumtheit im Allgemeinen sowie sinnvolle Anordnung von load-/browse-Elementen) ist für ihn absolut kein Problem und nicht weiter wichtig.
Vielmehr ist für ihn wichtig und lobenswert, dass die gesamte untere Fader-Sektion des 62 sehr viel Platz einnimmt, und keine störenden Elemente oder Knöpfe den exzessiven Crossfader-Einsatz behindern. Er freut sich über die Unverwüstlichkeit der verbauten Fader/Technik und über den guten sound. Und das kann er auch! Keine Frage!

Ich persönlich würde vermutlich, wenn ich gezwungen wäre auf Serato umzusteigen, einem Reloop Elite ne Chance geben. Im Gegensatz zu Rane und Pioneer setzt Reloop nämlich bei seinem dezidierten Serato-Performancemixer auf eigene Konzepte und Ideen - so zum Beispiel die Entscheidung, eine browse-/load-Sektion wie beim Z2 zu designen, die loop-Dauer einfach und platzsparend zu visualisieren, und den Mixer im allgemeinen aufgeräumter erscheinen zu lassen.
Oder ich würde einfach den easy way out wählen und mir nen Mixars Duo kaufen.

...man beachte die browse-/load-Sektion, die loop-sektion, et voila - ein aufgeräumter Mixer!

Okay, um fair zu bleiben: Ich habe weder den Rane 72 noch den Pioneer S9 jemals selber ausprobiert. Das müsste ich vielleicht machen. Könnte man mir jetzt entgegenhalten.
Aber das ist nichtmal der Punkt. Es geht vielmehr darum, dass ich nicht einsehe 1 Bergmoney für einen dieser Mixer auszugeben, wenn der Vorgänger, der ebenfalls 1 Bergmoney gekostet hat, bereits nicht das Wert war was er gekostet hat.
"Ja dann kauf's halt einfach nicht und gut, Eike, ernsthaft bro? Keiner zwingt dich, chyll d1 Lyfe, dickerchen!"
Ey, klar, ich könnte euch diese Erkenntnisse auch einfach vorenthalten. Kein Thema. Aber, bottom line, Augen auf beim Mixer Kauf. Achtet darauf was ihr wollt, achtet auf euren DJ-Kontext, dies, das...und entscheidet dann vernünftig. Und nicht einfach a la "ich leg die meisten $$$ auf den Tisch, dafür werd ich schon den bestmöglichen Mixer bekommen..." - denn so einfach gestaltet sich das mal wieder nicht. PP (Persönliches Pech).


Der Kapo des Nordflügels ist outie 5k, liebe Leute.
Ach nee!
Nich bevor ich euch mit meiner aktuellesten Hiphop-Hurrah Sondersendung belästigt habe.
Schon wieder 1,2 Monate her, aber ein feiner Lachsfisch, den man sich ziemlich gut geben kann, insbesondere wenn man a) mit Deutschrap fiXXt (pause), b) EloQuent zumindest voll OK findet, oder c) gut gemachte Mixshows gerne hört.
klicken und abfiXXen:


...Okay und natürlich FOLGENDES GROßEVENT nicht vergessen, um mich und meinen veralteten Z2 im Einsatz zu sehen (und einen Rane Sixty-Two gleichzeitig, for that matter!). 's wird lit, s'isso, big op & seen.

1 Kommentar:

  1. Hey Ike, schön, dass du mal wieder was geschrieben hast und dann auch noch zwei Artikel, no less! Auch wenn der DJ Stuff für mich weniger interessant ist als full frontal oldschool Nerdhammer, you go girl !

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