Ich beschäftige mich nun schon seit einigen Wochen aus mir eigentlich recht unbekannten Gründen mit der "Nibelungensage"/dem "Nibelungenlied".
Was das ist, fragt ihr!?
Naja, das ist praktisch eine uralte deutsche Erzählung (erste Quellen lassen auf ein Entstehungsjahr irgendwann um ca. 1200 n. Chr. schließen), die damals spätestens im Hochmittelalter ungefähr europaweit bekannt gewesen sein muss.
Man muss sich das wohl in etwa wie die heutige Star-Wars-Saga vorstellen: Jeder kannte damals die groben Eckdaten der Geschichte.
Die Hagens, Siegfrieds und Kriemhilds von damals sind die Darth Vaders, Luke Skywalkers und Prinzessin Leyas von heute...
In den skandinavischen Ländern war diese Geschichte (mit anderen Namen u.ä.) damals genauso bekannt wie etwa in Frankreich, Italien oder sonstwo.
"Naja, schön und gut Ike...aber worum gehts in der Geschichte eigentlich!?", hör ich euch förmlich fragen...
Nunja:
Jede Version der Geschichte setzt andere Schwerpunkte als die nächste, was dazu geführt hat, dass wir es heute beim kompletten "Nibelungenlied" mit einer vergleichsweise komplexen Geschichte zu tun haben, die je nach Akzentsetzung verschiedene Themen anspricht, und über zahlreiche Sub-plots verfügt (bzw. zumindest Spielraum für diese bietet).
Falls ihr - verständlicherweise - zu faul seid, euch den ellenlangen Wikipedia-Artikel oder andere Zusammenfassungen der Geschichte durchzulesen, und euch durch die ganzen Charaktere und Namen zu quälen, hab ich mich mal an folgender kurzen Zusammenfassung versucht....let's go:
Am Hof der Burgunder, in Worms am Rhein, herrscht der unverheiratete König Gunther. Seine beiden Brüder Gernot und Giselher stehen ihm mit Rat und Tat zur Seite, ebenso wie der finstere Hagen Von Tronje, ein alter Bekannter und Freund der Familie, der sich besonders durch seinen Mut und seine Stärke im Kampf auszeichnet.
Darüber hinaus befindet sich am Hof die wunderschöne Schwester der 3 Brüder, Kriemhild, sowie ihre Mutter, Ute.
[an dieser Stelle könnte man noch andere Charaktere wie etwa Dankwart, den Bruder des Hagen, oder Volker Von Alzey, den Ritter mit der Fidel, erwähnen, aber die sind nicht sooo wichtig - Anm. D. Red.]
In Burgund chillt man so vor sich hin, und allen geht es blendend, ausser Kriemhild, die sich einen Traum von einem Falken, der von 2 Aren attackiert und getötet wird, von ihrer Mutter deuten lässt: Die Mutter erzählt ihr - warum auch immer! - dass es sich bei dem Falken womöglich um ihren zukünftigen Mann handeln könnte, der auf schauderliche Art und Weise getötet werden würde.
Tja, auf das Eintreffen dieser Schreckensvision hat Kriemhild verständlicherweise keinen großen Bock, und verkriecht sich mehr oder minder in ihren Gemächern, um sich ja nicht in irgendeinen dude zu verlieben. Denn das würde offensichtlich nur Trauer und Ärger bringen.
An dieser Stelle verlassen wir Worms, und wenden uns Xanten zu, ein kleineres Fürstentum, in dem das Herrscherpaar Siegurd (!) und Sieglinde (!!) einen kräftigen Sohn Namens Siegfried (!!!) haben, der ein sehr talentierter Schmied ist, und eine Ausbildung in einer Schmiede macht.
Jo, ...Siegfried versucht dies, ...aber die Nibelungensöhne sind immernoch nicht zufrieden, was dazu führt, dass Siegfried sie erschlägt (just like that!), mit seinem grade neu geschmiedeten Superschwert. Daraufhin wendet er sich dem Schatzmeister, einem gewissen Alberich (ein Zwerg) zu, der den Schatz bewacht. Es beginnt ein fight, den Siegfried nur durch Glück gewinnt, da Alberich im Besitz einer Tarnkappe (tm) ist, die ihn unsichtbar macht.
Siegfried zieht ihm sein Cap, äh, die Tarnkappe ab, und ist der neue Besitzer des Schatzes der Nibelungen. yeah.
Obendrauf erhält er noch ein magisches Schwert von Alberich, "Balmung", welches noch zig-mal mächtiger ist als sein bereits sehr, sehr mächtiges Schwert.
Yo...im folgenden widmet sich Siegfried dem ortsansässigen fiesen feuerspeienden Drachen, "Fafnir", und killt ihn with ease.
Aufgrund des plötztlichen features des Vogel-Stimmen-Verstehens bekommt er durch ein paar Spatzen den Tipp, dass er doch am besten in dem Drachenblut baden solle, da es ihn so ziemlich unbesiegbar mache. Siegfried badet also in dem Blut, ...und er wird - überraschung - unbesiegbar, BIS AUF eine kleine Stelle am Rücken, die aufgrund eines herabfallenden Eichenblatts nicht mit Drachenblut in Berührung kam.
Aber damit der Abenteuer nicht genug, macht sich Siegfried mit ein paar Homies auf den Weg ins ferne, sagenumwobene Island, wo er auf die schöne Kriegerkönigin Brunhild trifft, die sofort gefallen am Mega-starken Siegfried findet.
Brunhild ist nämlich aufgrund eines Zaubers auch sehr, sehr mächtig, mächtiger als die meisten Männer. Siegfried hat aber dennoch keinen Bock, bis ans Ende seiner Tage bei Brunhild zu chillen, also haut er wieder ab, und hört kurz darauf von der supersweeten Königsschwester Kriemhild aus Worms.
[die kurze Episode, in der Siegfried auf die Königin von Island trifft, ist ein Part der Geschichte, der auf unterschiedlichste Weise erzählt wird - oft wird das Treffen sogar komplett weggelassen - Anm. D. Red.]
Er verliebt sich, blinddate-Style, und zieht - gegen den Willen seiner Eltern - nach Worms.
Egal - die Burgunder empfangen Siegfried als Gast, und er chillt eine Weile am Hof, ohne auch nur jemals die schöne Kriemhild zu sehen zu bekommen. Sad stuff.
Dann aber kommt es zum Kampf/Krieg zwischen den Burgundern auf der einen, und den Sachsen/Dänen auf der anderen Seite - hier schlägt nun also Siegfrieds Stunde, und er kann sich im Kampf hervortun. Nicht nur kämpft er wie selbstverständlich an der Seite der Burgunder, nein, er squashed auch noch eben die beiden feindlichen Könige im Zweikampf und handelt mit Gunther aus, dass er die Sachsen/Dänen in Frieden ziehen lässt, statt sie gefangen zu nehmen und whatnot.
Es werden im Anschluss natürlich ausschweifende Feste am Hof in Worms gefeiert, wo es zur ersten Sichtung Kriemhilds durch Siegfried und damit auch ersten flirtation-moves kommt. Die beiden sind sofort crazy in love.
Ok, yo, die Jahre vergehen, und Siegfried hätte schon nicht schlecht Bock, die schöne Kriemhild zu heiraten, aber König Gunther sagt (in etwa) : "No way hôse, erst muss ich, als König, verheiratet sein, bevor du meine Schwester zur Frau nehmen darfst!"
An dieser Stelle wird klar, dass sich der chillige Gunther schon seit einer Weile verhängnisvoller Weise in die schöne aber kaum zu bändigende Brunhild, Königin von Island, verliebt hat. Und das, ohne sie jemals gesehen zu haben! Nur durch Erzählungen!
Anywayz, Siegfried rät Gunther von diesem Vorhaben ab, weil er um die Eigenschaft Brunhilds weiss, dass sie nur denjenigen zum Mann nehmen wird, der sie in einem speziellen Dreikampf besiegen kann. Da sie aber hyperstark ist, hatte bisher keiner das Vergnüngen. Ganz davon zu schweigen, dass der Verlierer im Dreikampf bisher immer von ihr getötet wurde. sick!
Da Siegfried allerdings über die Tarnkappe verfügt, denkt er sich: "Ok, fresh, ich könnte einfach im Invisible-Mode dem schwachen Gunther zu einem Sieg über Brunhild verhelfen, und keiner bekommt was davon mit (ausser Gunther natürlich)! Superidee!"
Und Zack, schon macht sich eine Garnison der Burgunder inkl. der wichtigsten Charaktere auf den Weg ins ferne und mysteriöse Island.
Dort angekommen staunt Brunhild nicht schlecht, als eben nicht Siegfried, sondern der schwächlich wirkende Gunther um ihre Hand und damit den Wettstreit anhält. Siegfried gibt sich bei dieser Gelegenheit quasi als einfacher "Knappe" Gunthers aus.
Jojojo, es kommt was kommen muss: Brunhild wird in allen 3 Disziplinen (Wettlauf, Weitwurf, Weitsprung) von Gunther bzw. Invisible-'Fried geschlagen, und muss nun zähneknirschend den überglücklichen Gunther zum Mann nehmen. Pech!
Wieder in Worms angekommen, gibt's erstmal ne fette Doppelhochzeit, und zwar Brunhild/Gunther sowie Kriemhild/Siegfried.
An diesem Punkt wundert sich Brunhild dann doch etwas, warum zur Hölle ein fucking "Knecht" von Gunther bitteschön dessen wunderschöne Schwester heiraten darf!? Schon merkwürdig, denkt sie sich.
Egal - der tatsächliche Eklat vollzieht sich dann eigentlich in der Hochzeitsnacht, in der - jetz wirds funny - Gunther den Koitus und damit die Heirat nicht vernünftig vollziehen kann, weil die immernoch hyperstarke Brunhild sich nach Kräften dagegen wehrt, hehe.
Matter of fact schnappt sie sich einfach den armen Gunther, und hängt ihn an seinem Nachthemd-Kragen an der Wand auf, damit er nicht mehr rumnervt.
Am Tag darauf, als Brunhild ihn gnädigerweise wieder runter nimmt, rennt Gunther sofort zu Siegfried, und bittet ihn erneut um Hilfe, seine wilde/starke Frau im Bett zu bändigen...
Das ist natürlich ne höchst intime Geschichte, und als solche muss sie unter allen Umständen geheim bleiben...Siegfried verfährt dann schließlich auch so, indem er tatsächlich, unter Verwendung der Tarnkappe, die mächtige Brunhild im Bett niederringt (!), so dass sie ihre Kraft verliert, und Gunther die Hochzeit quasi vollziehen kann. ähem.
[jo, an dieser Stelle sind sich alle möglichen Versionen des ursprünglichen Stoffs uneinig, was genau Siegfrieds part bei dieser Peinlichkeit ist: Die einen sagen, er hätte Brunhild einfach in einer Art Headlock einfach ihrer Kraft beraubt...wohingegen andere meinen, dass er Brunhild eine Art (Keuschheits?-)Gürtel entwendet hat, welcher der Isländerin die übernatürlichen Kräfte verliehen hatte - Anm. D. Red.]
Wie auch immer Siegfried das auf die Reihe gekricht hat, macht er an diesem Punkt doch einen schwerwiegenden Fehler, der vielleicht sogar Schlüsselmoment sein könnte - je nach Interpretation:
Er klaut den schmuckverzierten Gürtel von Brunhild, und haut mittels Tarnkappe ab.
Dieser Umstand an sich ist noch nicht weiter fatal: Zwar ahnt Brunhild in der Folge der Nacht, dass sie auf irgendeine Art betrogen worden ist - aber das Verschwinden ihres Gürtels kann sie sich im Grunde nicht weiter erklären.
Doch dann begeht Siegfried einen erneuten Fehler: Er schenkt (!) Kriemhild (!!) den Gürtel (!!!). What tha teck!?!
Ehrlich gesagt keine Ahnung warum er das macht. Ich hab an der Stelle ein paar Theorien, aber man kommt nicht umhin festzustellen, dass der Saubermann-Charakter des Siegfried spätestens hier einen unsympathischen - wenn auch nachvollziehbaren - Anstrich erfährt.
Es kommt wie es kommen muss...in der folgenden Zeit kommt es am Hofe Burgunds immer häufiger zu Streitigkeiten und erzürnten Gesprächen zwischen Kriemhild und Brunhild, was im Endeffekt in der Situation gipfelt, dass Brunhild ihren Gürtel um Kriemhilds Hüften wiedererkennt.
Das Drama nimmt seinen Lauf, und an dieser Stelle tritt der finstere und verschlagene Hagen von mothafuckin Tronje auf den Plan.
Ob es am Ende Brunhild oder womöglich Gunther selbst ist, der sich im Vertrauen an Hagen wendet, um ihm von den verhängnisvollen Ereignissen in der Hochzeitsnacht zu erzählen, ist unklar, aber vielleicht auch nicht so wichtig. Fakt ist:
Hagen weiß um die prekäre Situation der Hochzeitsnacht und um die Rolle, die Siegfried in der Sache spielt.
Er rät - gar nicht unüberlegt - König Gunther zum Mord am Mitwisser Siegfried, da nur so die Ordnung am Hofe Burgund wieder hergestellt werden könne. Puh.
Die Brothers of Destruction, aka Gunther, Giselher & Gernoth überlegen und überlegen, aber kommen schlussendlich zu dem Entschluss, dass der clevere Hagen womöglich Recht haben könnte:
Nur durch Siegfrieds Tod kann der Frieden am Hof gewahrt werden - kein Streit mehr, keine Mitwisser, keine Skepsis.
Darüber hinaus gibt Hagen zu bedenken, dass Siegfried eh viel zu viel Macht über den Burgunder Hof innehat. Die einfachen Leute lieben ihn, und in kritischen Entscheidungen, die eigentlich dem König Gunther obliegen, hat Siegfried immer das letzte Wort.
Der perfide Mord an Siegfried ist gemachte Sache, und Hagen beginnt sogleich, die Vorkehrungen zu treffen.
Er lässt im folgenden verkünden, dass die Sachsen und Dänen wieder Stress wollen, und auf Burgund zu halten...dies ist eine Finte, um mit dem immer engagierten Siegfried ausreiten zu können und sich der vermeintlichen Gefahr zu stellen.
Vor dem Späh-Ausritt bittet Hagen die nichts ahnende Kriemhild, doch bitteschön die eine kleine verwundbare Stelle an Siegfrieds Körper auf seiner Kleidung zu markieren, damit Hagen diese Stelle im vermeintlichen Kampf "besser schützen" könne. Hehe. Fieser Trick.
Der ausgesandte Trupp inklusive Hagen und Siegfried erkennt schnell, dass es sich um eine Fehlinformation handelte, und Hagen, Siegfried und ein paar der Boyz entschließen sich, stattdessen eine große Jagd zu veranstalten.
Dabei kommt es in einer Situation zu einem von Hagen angeregten Wettlauf zwischen Ihm und Siegfried; natürlich ist Super-Sigi schneller als Hagen, und ersterer erreicht vor letzterem die verabredete das Ziel - eine Quelle im Wald - an dem Siegfried sofort niederkniet, um sich mit Wasser eine Erfrischung zu verschaffen.
Nun folgt der berühmte Auftritt des finsteren Hagen, derr den vor ihm an der Quelle knieenden Siegfried hinterrücks mit einem Speer durchbohrt - genau an der Stelle, an der Kriemhild das "x" eingenäht/aufgestickt hatte. Wow!
Die Jagd-Posse beschließt, den Mord als einen "Überfall von Räubern" zu decken, und der Trupp kehrt zurück an den Hof von Burgund, an dem Hagen die Leiche von Siegfried vor Kriemhilds Gemach schleppen lässt.
Mit diesen grausigen und dramatischen Bildern beende ich den 1. Teil meiner kleinen Inhaltsangabe.
Ihr seht schon: Die Nibelungensage hat story- und plottechnisch einiges zu bieten...Von den sämtlichen angesprochenen "Themen" der Geschichte mal ganz abgesehen.
Ich werde in einem zweiten Teil den Inhalt von "Kriemhilds Rache" zusammenfassen, um dann, in einem dritten Artikel, auf Wertung, Interpretationen, Film-Adaptionen der Vergangenheit, Möglichkeiten bei einer modernen Film-Adaption und verschiedene Versionen zu sprechen kommen.
Be aware!
Some deep shit right there!
bestes entertainment
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