Montag, 27. Februar 2012

Top8-Sonntag: Top8 "pseudo-intellektuelle" Tracks

Ok, Freunde, es is wieder Top5 (bzw. 8) Zeit, also sollt ihr auch den entsprechenden Artikel bekommen. Heute wird's wieder n bissken spezieller, soviel kann man wohl schon sagen...

Ihr kennt das vielleicht: Rapper XY verspricht euch in seinen Texten dies das & jenes - und hält tatsächlich an genau gar nix davon.
Diese permanente Blendung und spätere unweigerliche Enttäuschung der Hörer ist heute in der Tat fester Bestandteil des Rapgames -  wenn nicht sogar der gesamten amerikanischen (Unterhaltungs-)Kultur.

Der Hörer nimmt bei diesem Vorgang allerdings nur selten eine wirklich passive Rolle ein - er ist nicht wirklich "enttäuscht", sondern er gestaltet das Spiel viel mehr selbst mit, indem er das Blendertum, bzw. den Zyklus, immer wieder aktiv legitimiert und zu ungeahnten Spitzen treibt (siehe hierzu z.B. die lange Tradition der direkten Konsumenten/Zielgruppen-Beleidigung gerade im Bereich der Rapmusik).

Wie auch immer - das hier soll kein ausgedehnter Essay zum Thema amerikanisches Entertainment-Verständnis werden (wobei ein derartiger Artikel sicher auch interessante Erkenntnisse hervorbringen würde...), sondern eine Annäherung an mein dieswöchiges Thema, und zwar:

"pseudo-intellektuelle" Tracks.


Klar, jeder Rapper, der hier und da mal ne schlau klingende Vokabel aufsagt, kommt früher oder später auf die Idee, ein "deep radical thinker" , "philosopher" oder schlicht ein "teacher" zu sein.
Macht ja auch Sinn, sich mit Nachdruck von all den heerscharen an Kollegen die nur von Party & Bullshit zu berichten haben, abheben zu wollen, keine Frage.
Interessant ist:
Der gewiefte Plan, den eigenen Intellekt in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken, bleibt häufig leider genau das...
Rapper, die ihre intellectual Knowledge oder sonstige Denker-Qualitäten als solche anpreisen, liefern in der Folge oft nicht mehr als heiße Luft.

Genau mit diesen Fällen will ich mich diese Woche beschäftigen...
...ich bin also auf der Suche gewesen nach Tracks, in denen eine starke Diskrepanz zwischen dem proklamierten Anspruch, "knowledge zu droppen" , und den tatsächlich gelieferten Weisheiten, besteht.

Ok....echt mal genug gelaber - ab geht's; time 2 drop some jewels on 'em - class is in session (oder so)...:




8. CENTA OF DA WEB - BRAINSTORM (1996)





Jau, da gibt's zu Anfang gleich mal die volle Packung Rap-Randomness für all euch nerdz. Centa Of Da Web ist - was wenige wissen - quasi das Flagschiff der damaligen "Atoms Family", einem losen Verband von NY-(Rucksack)Rappern, der 1996 ca. 30 Leute umfasste...unter ihnen z.B. auch mid-carder wie C-Rayz Walz oder Cannibal Ox.
Egal - Ich fand das Debutalbum von Centa O.d.W. (bestehend aus den MCs "Molecule" (!) "Whichcraft" (!!) und "Da Cryptic One" (!!!) ...nuff said) schon immer ziemlich lustig, weil....naja, zunächst weil es den Titel "Beyond Human Comprehension" trägt, und mit Titeln wie "Most Can't Comprehend", "Da Webs Minds" oder eben "Brainstorm" die intellektuelle Messlatte schon vor dem ersten Probehören recht hoch legt.
Doch - wer hätt's gedacht - irgendwie kommt dann doch kaum zitierfähiges zustande.
Haufenweise nerdige Bio- und Chemie- Floskeln und semi-witty Wortspielereien, gewürzt mit Sigmund-Freud-Querverweisen die noch aus der Schulzeit hängengeblieben sind, machen euch noch nicht zu Super-Denkern oder Philosophen..."Beyond Human Comprehension"!? - kaum.








7. POOR RIGHTEOUS TEACHERS - CONSCIOUS STYLE (1993)





Ok, das Ding hier steht - wie beim vorigen Kram auch schon, eigentlich exemplarisch für fast den gesamten Backkatalog der P.R.T.s ...Die Kerle erschienen halt auf der Bildfläche, als der "Pro-Black"/"Black Consciousness"-Quatsch - inklusive Holzperlenketten und Afrika-shaped-Embleme - so ziemlich seinen Höhepunkt erreicht hatte, nämlich Anfang der 90er.
Aber ich persönlich fand ehrlich gesagt immer, dass man recht schnell erkennen konnte, wem es mit dieser Agenda ernst war, und bei welchen crews und Künstlern diese Attitüde nur aufgesetzt bzw. das Gerede von Black Awareness etc. pp. nur heiße Luft/Phrasendreschen darstellte.
Needless to say dass häufig eher letzterer Fall verifiziert werden konnte.
So meiner Meinung nach auch bei den P.R.T., eine der am lautesten tönenden Gruppen dieses sub-subgenres.
Mit Titeln wie "Holy Intellect", "Self-Styled Wisdom" oder gar "Styles Dropped - Lessons Taught" lehnten sie sich anspruchstechnisch stets ziemlich weit aus dem Fenster - brachten dann aber nur in den seltensten Fällen etwas wirklich gut Überlegtes.
So auch bei dieser Nummer: Wir bekommen hier zwar viele - 1000mal gehörte - Beispiele von Brüdern, die dieses oder jenes falsch machen oder sich sonstwie ungut verhalten...aber was genau nun diesen von den Redner ausgerufenen "Conscious Style" im Gegensatz dazu ausmacht...diese Erläuterung bleiben sie uns bis zum Schluss schuldig. pech.






6. MARLEY MARL FT. CRAIG G - DROPPIN SCIENCE (1988)





Dieser Track wird ja heutzutage aus irgendwelchen mir nicht näher bekannten Gründen auf entsprechenden Blogs und unter Szenemenschen als der ganz heiße Scheiß gehandelt. Wegweisend, seiner-Zeit-voraus...you name it. Ich fand den Track zwar immer schon ziemlich gut...aber das war's dann auch. Gewohnt qualitativ hochwertige MarleyMarl-Produktion halt.
Anywayz: Was ich immer witzig fand, war der Titel. "Droppin Science"...hm, lässt ja eigentlich den zunächst logisch erscheinenden Schluss zu, dass der gute Craig G (der zu diesem Zeitpunkt ungefähr 15 Jahre alt sein müsste - don't quote me on that...) so rein knowledge-mässig einiges auf dem Kasten hat, und uns nun im folgenden Track an seiner Weisheit teilhaben lässt. Scientific shit halt, nech.
Pustekuchen!
Es gibt einfach nur rap-schmap. Battle-Rap, that is.
Naja - Mir soll's ja recht sein - ich hab nix gegen guten, alten BattleRapShit...aber "droppin Science"!??! Talk bout Etikettenschwindel!! Next!





5. DOWN TO ERF - INSERTION OF THOUGHT (1996)





Ok, was wir in dieser Liste bisher natürlich etwas gefehlt hat, waren diejenigen wannabe-Smartasses, die einfach den lieben langen Tag am kiffen sind, und aufgrund mangelnden Einspruchs seitens der werten Kollegen einfach mal ihre eigenen jämmerlichen Gedankengänge zum ganz großen radical philosophic shit erheben. Kein Problem sag ich, hier hab ich was!
Die kanadische Gruppe "Down To Erf" zeigt uns genau, wie das so läuft wenn man ansonsten nicht viel zum Rapspiel beizutragen hat & einem langweilig is: Einfach mal ordentlich einen spliffen und dann behaupten man sei waaay over everybody elses head, klar!
Von dieser Sorte kiffender pseudo-intellektueller approaches gibt's speziell in den 90ern ne ganze Menge, und ich finde Masta Ace hat's in seinem legendären "So Here We Are" schon ganz gut getroffen: "the energetical poetical...lyrical miracle// yeah, right - n*gga good night!//" yep!







4. SPAX - HUNDERTWASSER (1998)





Jo, ...klar, im Land der Dichter und Denker gibt's das Phänomen der Pseudo-Intellektualität natürlich auch - nur vielleicht oft nicht so leicht durchschau- und voraussehbar. Anders bei diesem doch sehr direkten Track von Spax (aka der Typ der sich in ca. 15 Jahren im Rapzirkus genau gar nicht weiterentwickelt hat...), der uns gleich mal mit dem Titel klarmachen möchte, was für'n belesener und kunstverständiger Kerl er doch ist. Und dann geht's los..."Abstrakt wie Hundertwasser Architektur..." - HAAAALT STOPP!!! Bitte wie?! 1. Könnte man durchaus darüber diskutieren, ob man Hundertwasser als "abstrakt" bezeichnen sollte/kann/darf....und 2. ...."abstrakt"?! Das ich nich lache, Spax: Deine billigen Haus-Maus-Klaus-Reime sind sowas von das Gegenteil von abstrakt, alter Schwede! Dazu noch diese möchtegern bedeutungsschwangeren Überbetonungen von Vokalen...brrr...da schüttelts einen ein wenig vor Fremdscham.
Allerdings - und das möchte ich hier der Fairness halber nicht unerwähnt lassen - hab ich dieses Ding damals gefeiert wie Sau. Und auch heute noch hör ich mir aus Spaß gern mal das "Privat"-Album an...good memories, y'know? Die Beats sind außerdem super.
Man muss sich, denke ich, halt nur irgendwann klarmachen/eingestehen dass das textlich gar nix is...







3. MOVEMENT EX - I DEAL WITH MATHEMATICS (1990)





Hm, ich wollte an dieser Stelle eigentlich lieber das großartige "Knowledge This", ebenfalls von Movement Ex, bringen...aber ich hab einfach keine vernünftige Version des Tracks finden können. Muss ich wohl doch nochmal meine "RapMan"-CD (ein uralter sehr lustiger Sampler von Columbia, kann ich nur empfehlen!) rippen...hatte aber jetzt keinen Bock zu suchen.
Wie dem auch sei: Movement Ex sind (eigentlich zu unrecht!) eine absolute Eintagsfliege gewesen, und schwammen - you guessed it - mit auf dieser Pro-Black-Afrocentrism-Welle von der ich bereits berichtete. Cool war an den Jungs, dass der MC (der - für diese Phase typisch - irgendnen unausprechlichen African Name hatte...) echt nich schlecht war. Von denen hätte ich echt gern mehr gehört.
Inhaltlich läuft's bei ihnen allerdings echt ähnlich wie bei den P.R.T.s ...viel mehr als leere Versprechen und uneingelöste Ankündigungen hat's auch bei Movement Ex nicht. "I Deal With Mathematics" ist dabei ein ähnlicher Etikettenschwindel wie "Droppin Science" von Craig G. ...nix mathematisches...nix philosophisches...nix! Nur blabla. Nichmal sone Zahlen-Spielereien wie beim Titel-Verwandten "Mathematics" von Mos Def - nüscht!







2. BOOGIE DOWN PRODUCTIONS - MY PHILOSOPHY (1988)





Naja das war doch klar, dass uns der BlastMaster hier wieder über den Weg laufen würde, oder!? KRS ist schließlich absoluter Pionier in Sachen "behaupten-dass-man-ganz-ganz-schlau-ist-und-dann-nix-bringen-um-die-Aussage-zu-unterstützen". Der Kerl nennt sich nicht umsonst einfach mal den "Teacher", na'meen?
Bitte nicht falsch verstehen: Ich sage damit gar nicht, dass KRS nicht auch wirklich gute "tiefgründigere" Tracks am Start hat - siehe dazu z.B. diesen übertrieben langen Artikel - nur...immer wenn er halt schon im Vorfeld ankündigt, dass jetz aber mal der ganz ganz krasse Denker-Scheiß kommt...geht meist nicht sehr viel.
Klar, My Philosophy ist n super Track, keine Frage, einer meiner ersten BDP-Lieblingstracks damals mit 15 oder so...aber wenn man sich das mal genau anhört: Was genau....ist deine "Philosophie", KRS? Hm?
Dazu schweigt sich der Track so ziemlich aus. Weise Sprüche und neue Erkenntnisse sucht man auch vergebens. Großer Moment für RapMusik!? - You Bet. Philosophy & shit? - Not So much.






1. RAKIM - DA MYSTERY (WHO IS GOD?) (1998)





Also wenn KRS in dieser Spielart eine Art Pionier darstellt, dann ist Rakim mit Sicherheit derjenige, der den Shit auf ein völlig neues Level gehoben hat.
Kein anderer MC hat es geschafft, seinen bescheidenen lyrical content derart effektiv von seiner "Aura" (sry, savas) überstrahlen zu lassen. Klar...in erster Linie kennen wir Rakim für seine Battle-Tracks; nur gibt es darüber hinaus auch auf so ziemlich jedem Album von Ra diesen einen Track, in dem er uns die Welt erklären möchte.
Die über Jahre etablierte "Unnahbarkeit" und die eindringliche Delivery von Rakim Allah sorgen dafür, dass man diese Tracks anhört....mit dem Kopf nickt, ...und nicht weiter drüber nachdenkt.

...Aber verflucht nochmal: Was fürn Bullshit labert der Kerl denn da eigentlich?! Is ja unfassbar.
Irgendne zusammengewürfelte Mond, Sterne & Moleküle-Suppe plus 5-Percenter-Quatsch und selbstverherrlichenden Quark.
Das geile ist halt diese möchtegern-inhaltsschwere und aufgeblasene Delivery...dazu noch der reißerische Titel...herrlich! Besser geht's nich!
Danke, God.







Okay, okay...das war's schon wieder für diese Woche! Ich hoffe ihr konntet meine Ausführungen und die Intention zu dieser Liste ein bisschen nachvollziehen...das wär mir schon viel Wert!
Ansonsten wie immer: Alles kann gerne diskutiert & kommentiert werden....tut euch keinen Zwang an! Dafür is der Quatsch ja da.
So, peace Freunde, bis demnächst!

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